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Militär Kampfdrohnen, die noch nicht kämpfen können

Jahrelang stritten Union und SPD über die Anschaffung der fliegenden Waffen - nun steht der Vertragsabschluss kurz bevor.

17.05.2018, 23:01

Berlin l Deutschland will nach jahrelangem Streit in den Club der Länder mit Kampfdrohnen einsteigen. Die Anschaffung gilt als eines der wichtigsten Rüstungsprojekte von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikerin will Drohnen des Typs Heron TP aus Israel für knapp 900 Millionen Euro anmieten. Der Haushaltsausschuss wird sich im Juni damit befassen.

Eigentlich wollte von der Leyen den Vertrag bereits im vergangenen Sommer unter Dach und Fach bringen. Aber kurz vor Unterzeichnung blockierte die SPD im Bundestag den Deal. Die Sozialdemokraten zogen mitten im Wahlkampf die Notbremse. Denn die Mehrheit der Deutschen ist nach wie vor gegen Kampfdrohnen.

Man habe sich damals kurz vor der Wahl von der Union überrumpelt gefühlt mit der Vorlage, sagt der SPD-Abgeordnete Fritz Felgentreu. Als die Verteidigungspolitiker einen Kompromiss gefunden hatten, habe die SPD-Fraktionsführung dann die Reißleine gezogen. Nun habe man neu verhandelt. Union und SPD wollen die Heron TP nun anmieten – über die Bewaffnung soll der Bundestag aber erst später entscheiden, „nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung“, heißt es im Koalitionsvertrag. Es geht nicht um bewaffnete, sondern um bewaffnungsfähige Drohnen. „Die Aufteilung der Beschaffung in ein Luftfahrzeug und die spätere Bewaffnung ist eine Nebelkerze“, kritisiert der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko. Aus Sicht der Bundesregierung stehe die Entscheidung zur Bewaffnung längst fest. Wenn keine Bewaffnung beschlossen werde, könne die Bundeswehr auch weiter die unbewaffneten Aufklärungsdrohnen Heron 1 nutzen. Ihm zufolge senken Kampfdrohnen die Hemmschwelle zum Waffeneinsatz.

„Das, was jetzt beschlossen werden soll, war das letzte Angebot an die SPD in der letzen Sitzungswoche im vergangenen Sommer“, sagt der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner. Union und SPD drückten sich weiter um eine gesellschaftliche Debatte, sagt Lindner. Er fürchtet, dass am Ende der politische Druck etwa durch Angriffe auf deutsche Soldaten im Ausland so groß sei, dass die Drohnen irgendwann ganz ohne Debatte bewaffnet werden. „Die gleiche Koalition, die jetzt so eine riesige Debatte ankündigt, lässt eine Eurodrohne entwickeln, die dann sowieso bewaffnungsfähig ist.“

Deutschland und Nachbarländer wollen selbst eine bewaffnungsfähige Eurodrohne entwickeln, um nicht länger Drohnen in den USA oder Israel einkaufen zu müssen – auch die soll einmal Bomben und Raketen tragen können. Da das Prestigeprojekt aber frühestens 2025 fertig sein wird, muss eine Übergangslösung her. Deshalb das Leasing-Geschäft mit Israel. Der Vertrag liegt unterschriftsreif im Verteidigungsministerium. (dpa)