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Nahost-Konflikt Syrische Opposition sucht Einigkeit

Eine Konferenz mit Vertretern aller syrischen Oppositionsgruppen soll die Grundlage für Verhandlungen mit Präsident al-Assad schaffen.

08.12.2015, 23:01

Riad (dpa) l Bis zur letzten Sekunde wurde gerungen, gezerrt und gefeilscht. Über Tage kursierten Listen mit Namen syrischer Oppositioneller, die ab Mittwoch an der Einigungskonferenz der Regimegegner in Riad teilnehmen sollen. Personen wurden vorgeschlagen, gestrichen und durch andere ersetzt. Diplomaten übten Druck aus. Kurzerhand vergrößerte Gastgeber Saudi-Arabien die Zahl der Teilnehmer. Schon das Vorspiel zu Riad zeigt: Für Syriens Opposition geht es bei dem Treffen im Königreich um sehr viel.

Seit Jahren stehen die Gegner von Syriens Präsident Baschar al-Assad und seinem Regime in dem Ruf, ein zerstrittener Haufen zu sein. Allein die Exilopposition ist in mehrere Gruppen und Blöcke ausgespalten, die sich beharken. Sie hat zugleich ein angespanntes Verhältnis zur Inlandsopposition, die von Damaskus geduldet wird. Bewaffnete Rebellengruppen wiederum sehen sich durch beide nicht vertreten. Davon profitiert allein einer: das Regime.

Doch auf Druck der ausländischen Mächte soll Syriens Opposition nun die Reihen schließen. Bei dem Treffen unter saudischer Schirmherrschaft in Riad sollen sich rund 100 Regimegegner und Rebellen auf eine gemeinsame Position und Delegation für Verhandlungen mit dem Regime einigen, die bereits im Januar beginnen sollen. So hat es die internationale Gemeinschaft in Wien beschlossen, die sich dort zu einem neuen Fahrplan für eine politische Lösung des Bürgerkriegs durchringen konnte. Friedensgespräche wären der nächste Schritt auf dem Weg Richtung Übergangsregierung und Wahlen in 18 Monaten.

Die Ambitionen der ausländischen Mächte könnten allerdings schon in Riad einen herben Rückschlag erleiden, sollte die Einigungskonferenz scheitern. Vor allem das Schicksal Assads ist umstritten. Die meisten seiner Gegner wollen einen sofortigen Abtritt des Machthabers. „Jede Übergangsregierung mit Assad hat keine Glaubwürdigkeit“, sagt etwa Samir Naschar, führender Vertreter der in Istanbul ansässigen Nationalen Syrischen Koalition. Schließlich sei das syrische Regime ein größerer Terrorist als die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Auch viele Vertreter der Inlandsopposition sehen keine Zukunft mehr für Assad an der Spitze des Staates, wollen die Entscheidung darüber aber den Syrern überlassen. „Mein persönlicher Wunsch ist, dass Assad für das, was er getan hat, vor Gericht kommt“, sagt etwa Luai Hussein, der im Frühjahr aus Damaskus ins Ausland floh. „Aber das ist nur mein persönlicher Wunsch. Die Wähler müssen entscheiden.“

Sollte es in Riad zu einer Einigung kommen, könnte es noch vor Weihnachten die nächste Syrien-Konferenz der internationalen Gemeinschaft geben. Als Termin ist der 18./19. Dezember im Gespräch – dieses Mal nicht in Wien, sondern in New York. Im Anschluss könnte gleich der UN-Sicherheitsrat auf höchster Ebene etwaige Beschlüsse absegnen und ihnen so ein stärkeres Gewicht geben. Die Außenminister der fünf Vetomächte jedenfalls wären alle da.

Auch die internationale Diplomatie lief in den vergangenen Tagen auf Hochtouren. Beim Weltklimagipfel in Paris, beim OSZE-Treffen in Belgrad, bei den verschiedensten anderen Gelegenheiten – stets wurde zwischen Präsidenten, Regierungschefs und Außenministern auch über Syrien gesprochen. Die Tendenz, nach Angaben von deutscher Seite: „Es ist sehr mühsam, aber es geht voran.“

Wichtigstes Thema auch hier: Assads Zukunft. Westliche Diplomaten glauben festgestellt zu haben, dass Russlands Präsident Wladimir Putin einer Ablösung des Diktators nicht mehr im Wege steht. Allerdings nur unter der Bedingung, dass Moskau seine Interessen im Nahen Osten wahren kann. Bliebe der Iran, Assads treuester Partner. Teheran schließt bislang seinen Abtritt kategorisch aus.

Die Oppositionellen könnten sich in Riad auf einen vagen Kompromiss einigen, der Spielraum für Interpretation lässt. Drei Tage sind für das Treffen zunächst angesetzt. Aber es könnte auch deutlich länger dauern.

Von einer Woche spricht Samir Naschar sogar. „Es wird keine Lösung geben, die alle zu 100 Prozent zufriedenstellt“, prophezeit der Regimegegner. Und ergänzt: „Aber vielleicht zu 50 Prozent.“