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Neue Mitglieder Der Aufwärtstrend der Sozialdemokraten

SPD liegt in Umfragen erstmals seit zehn Jahren vor der CDU. Seit Schulz' Kanzlerkandidatur wollen viele Bürger bei der Volkspartei mitmachen.

24.02.2017, 12:01

Berlin (dpa) l Der Schulz-Effekt beschert der SPD nicht nur ein Hoch in den Umfragen, sondern nach Jahren des Niedergangs auch einen kleinen Mitgliederzuwachs. Seit Martin Schulz am 24. Januar von Noch-Parteichef Sigmar Gabriel als Kanzlerkandidat vorgeschlagen wurde, traten 6564 Bürger allein via Internet in die Partei ein, wie die SPD auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.

Zu den Online-Eintritten kommen bei der SPD noch viele Menschen, die sich direkt in den Landesverbänden um ein Parteibuch bemüht haben. Diese Zahlen werden von der Bundespartei aber erst mit Verzögerung erfasst. Allein in Nordrhein-Westfalen, wo im Mai gewählt wird, gab es seit Jahresanfang mehr als 2300 Neueintritte (online und auf Papier). "Solche Zahlen haben wir seit 20 Jahren nicht mehr gehabt", sagte ein SPD-Sprecher in Düsseldorf.

Im ARD-"Deutschlandtrend" von Infratest dimap liegt die SPD erstmals seit gut zehn Jahren (Oktober 2006) wieder vor der Union. Die Sozialdemokraten gewannen im Vergleich zu Anfang Februar vier Prozentpunkte hinzu und kommen nun auf 32 Prozent. CDU und CSU erreichen 31 Prozent (minus drei).

Rückendeckung für Schulz gibt es auch bei seinen Themen: Die große Mehrheit der Deutschen unterstützt die Forderung nach Korrekturen bei den Arbeitsmarktreformen der einst von SPD-Kanzler Gerhard Schröder initiierten Reform-"Agenda 2010". Laut "Deutschlandtrend" halten es 65 Prozent für richtig, wenn Arbeitslose – wie von Schulz bei einer SPD-Konferenz vorgeschlagen – länger Arbeitslosengeld I bekommen, damit sie nicht in Hartz IV rutschen; dagegen sind 29 Prozent. Und rund 67 Prozent finden es auch richtig, dass zeitlich befristete Arbeitsverträge nur noch bei sachlichen Gründen möglich sein sollen – nur jeder Vierte (25 Prozent) ist anderer Meinung.

Nach Auffassung des Politikberaters Michael Spreng muss sich die Union angesichts der SPD-Umfragewerte Sorgen machen – sie habe nämlich noch kein Mittel gegen Schulz gefunden. Im Radiosender SWR 2 sagte der frühere Unions-Stratege, CDU/CSU wirkten "verwirrt und desorientiert". Kanzlerin Angela Merkel solle ihre Wahlkampftaktik ändern und zur Kämpferin zu werden. Eine Wechselstimmung wie 1998, als der damalige Kanzler Helmut Kohl (CDU) nach 16 Jahren abgelöst wurde, wäre für die Union und Merkel gefährlich. "Ich glaube, es ist nicht so ausgeprägt wie 1998, aber es gibt eine latente Merkel-Müdigkeit, und die ist durch Herrn Schulz virulent geworden."

Nach Mitgliederzahlen war die SPD bereits zum Jahreswechsel wieder stärkste Partei. Sie hatte Ende Dezember nach eigenen Angaben 432.706 Mitglieder, die CDU lag mit 431.920 knapp dahinter. Bis Ende Januar konnte die SPD den Vorsprung ausbauen und erreichte 433.434 Mitglieder. Die CDU von Kanzlerin Merkel verbuchte mit über 1500 Eintritten zwar den stärksten Zuwachs in einem Monat seit drei Jahren - unter dem Strich schrumpfte die CDU-Mitgliederzahl Ende Januar aber auf 430 683, weil mehr Menschen austraten oder starben.

Auch im Internet schafft es die SPD momentan, Interesse für ihren Kanzlerkandidaten Schulz zu mobilisieren. Bei Facebook hat der Ex-EU-Parlamentschef aus Würselen bei Aachen seit Bekanntgabe seiner Kandidatur mehr als 94.000 neue Fans gewonnen und mit insgesamt 290.000 die AfD-Chefin Frauke Petry klar abgehängt. Kanzlerin Merkel liegt aber weit vor Schulz – sie hat 2,35 Millionen Facebook-Fans.

Auf Twitter folgen Schulz mehr als 350.000 Nutzer, Merkel hat kein Konto bei dem Kurznachrichtendienst. Bei Instagram hat Schulz noch viel Luft nach oben – mit 3500 Followern rangiert er weit hinter Merkel (218.000).