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NSU 2.0 Morddrohungen und Hetze

Das Landeskriminalamt in Hessen ermittelt gegen Mitglieder einer rechtsextremen Zelle in der Frankfurter Polizei.

17.12.2018, 23:01

Frankfurt/Main (dpa) l Die Ermittlungen gegen ein rechtsextremes Netzwerk in der Frankfurter Polizei ziehen weite Kreise. Inzwischen hat sich das Landeskriminalamt von Hessen eingeschaltet, die Politik ist alarmiert, auch Kollegen der beschuldigten Beamten sind besorgt. Das Ausmaß der Vorwürfe ist nicht klar.

Schon vor einer Woche war bekannt geworden, dass fünf Beamte aus dem Frankfurter 1.  Revier suspendiert wurden. Sie sollen sich über einen Messenger-Dienst beleidigende und fremdenfeindliche Bilder, Videos und Texte zugeschickt haben. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt bestätigte, dass sie wegen Volksverhetzung und wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Das Polizeipräsidium bestätigte zudem, dass die Kollegen nicht mehr im Dienst sind.

Im hessischen Landeskriminalamt (LKA) nahm gestern eine Arbeitsgruppe aus „erfahrenen Ermittlern“ die Arbeit auf, wie LKA-Sprecher Christoph Schulte sagte. Was genau Gegenstand der Ermittlungen ist, sagte er nicht.

Auch zu weiteren Details wie etwa einen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Montag, wonach das Netzwerk offenbar durch ein Drohschreiben gegen die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz und deren Tochter aufgeflogen sei, wollte Schulte bestätigen. Dem Bericht zufolge war der Drohbrief im August dieses Jahres unter dem Stichwort „NSU 2.0“ anonym zugegangen. Basay-Yildiz hatte im Münchener Prozess gegen den Nationalsozialistischen Untergrund eine der Opfer-Familien vertreten. In dem Schreiben wurde soll damit gedroht worden sein, ihre zweijährige Tochter zu „schlachten“.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zeigte sich „sowohl erschüttert als auch erbost“ über die „widerwärtigen Hintergründe“ der mutmaßlichen Taten. Bundesvorsitzender Oliver Malchow sprach von „skandalösen Taten“. „Wer rechtsextremes Gedankengut teilt, Ausländerhass propagiert, mit abstoßender Gewalt droht und polizeiliche Instrumente für seine Taten nutzt, hat in unserer fest auf dem Boden der Verfassung stehenden Polizei nichts verloren“, sagte Malchow in Berlin. Der stellvertretende GdP-Vorsitzende Jörg Radek sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), er sehe trotz der Ermittlungen keine strukturellen Probleme: „Ich glaube nicht, dass es in der Polizei eine Systematik oder eine Struktur gibt, die das begünstigt.“

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte in München: „Polizeibeamte müssen zweifelsfrei auf dem Boden unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen und an dieser Einstellung von Polizeibeamten darf es nicht den geringsten Zweifel geben.“ Zu den genauen Hintergründen wollte sich Seehofer zunächst nicht äußern. „Ich muss mir da auch erst mal über mein Ministerium authentische Informationen geben lassen.“

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zeigte sich betroffen. „Das ist eine sehr ernste Geschichte. Da muss man sehr sorgfältig drangehen“, sagte er in Berlin. „Ich kann noch nicht übersehen, wie weit das geht. Aber es ist kein Zweifel, dass uns das sehr, sehr ernst angeht.“

In Wiesbaden sollen die Vorwürfe nun Thema einer Sondersitzung des Innenausschusses am kommenden Mittwoch werden.