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NSU-Prozess Zschäpe will erstmals aussagen

Nach fast 250 Verhandlungstagen will Beate Zschäpe ihr Schweigen brechen und ihren Anwalt Grasel eine Erklärung verlesen lassen.

08.12.2015, 23:01

München (dpa) l Vor der mit Spannung erwarteten Aussage der mutmaßlichen Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe im NSU-Prozess hat die Tochter eines Mordopfers die Erwartungen gedämpft. Sie habe keine große Hoffnung, „weil ich einfach glaube, dass da nicht die Wahrheit gesagt wird“, sagte Gamze Kubasik, die Tochter des in Dortmund ermordeten Mehmet Kubasik, am Dienstag am Rande des Prozesses in München. Auf die Frage, was sie sich von Zschäpes Erklärung erhoffe, sagte sie: „Natürlich ist mein Wunsch eine hundertprozentige Aufklärung. Aber ich weiß, das wird niemals geschehen.“

Nach mehrwöchigen Verzögerungen will Zschäpe an diesem Mittwoch ihr jahrelanges Schweigen brechen. Ihr Anwalt Mathias Grasel will ihre Aussage verlesen. Fragen des Gerichts sollen aber erst später und nur schriftlich beantwortet werden, wie Grasel am Dienstag vor dem Oberlandesgericht mitteilte. Er bat das Gericht deshalb um einen schriftlichen Fragenkatalog. Eine unmittelbare Beantwortung von Fragen werde wohl nicht möglich sein, sonst müsste er sich nach jeder Frage erst mit seiner Mandantin besprechen.

Grasel bat zudem darum, nach der Erklärung den Prozesstag am Donnerstag ausfallen zu lassen. „Ich denke, dass die Belastung nach der Einlassung einigermaßen groß sein wird.“ Er könne dann „über das Wochenende“ die Fragen mit Zschäpe durcharbeiten und kommende Woche beantworten. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl nahm zu Grasels Bitten zunächst nicht Stellung.

Üblicherweise ist in Gerichtsprozessen das Prinzip der Mündlichkeit vorgeschrieben. Grundsätzlich sei eine schriftliche Beantwortung von Fragen aber zulässig, sagte eine Gerichtssprecherin, betonte aber: „Es muss dann natürlich mündlich in die Hauptverhandlung eingeführt werden.“ Der Senat werde aber noch über das Prozedere entscheiden.

Auch gesundheitlich steht der geplanten Erklärung offenbar nichts im Wege: Auf die Frage Götzls, wie es ihr gehe, antwortet Zschäpe mit einem Nicken. Am Vortag hatte es geheißen, dass es ihr psychisch nicht gut gehe. Medienberichte über einen angeblichen Nervenzusammenbruch bestätigte Grasel aber ausdrücklich nicht.

Zschäpe hat nach Götzls Angaben inzwischen auch beantragt, ihren Anwalt Hermann Borchert ebenfalls als Pflichtverteidiger zu bestellen - bislang ist Grasels Kanzleikollege ein Wahlverteidiger. Borchert genieße seit Juli 2014 ihr „vollstes Vertrauen“, schrieb Zschäpe an das Gericht. Eine weitere Begründung enthält er nicht.

Neben Grasel und Borchert wird Zschäpe noch von drei weiteren Pflichtverteidigern vertreten.