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Rüstungsexporte Zieht Merkel Konsequenzen für Saudi-Arabien?

Klärungsbedarf sieht die Kanzlerin beim Fall des getöteten Journalisten Khashoggi. Vorerst will sie keine Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien.

22.10.2018, 18:33

Berlin (dpa) l Nach dem gewaltsamen Tod des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi gerät Saudi-Arabien durch gezielte Indiskretionen von türkischer Seite weiter unter Druck. Der Sprecher der türkischen Regierungspartei AKP sprach gestern von einem „brutal geplanten“ Mord. „Wir sehen, dass wir es mit einer Situation zu tun haben, die äußerst brutal geplant war und dass mit viel Mühe versucht wird, die Sache zu vertuschen“, sagte Ömer Celik, allerdings ohne Details aus den Ermittlungen zu nennen.

„Das ist ein sehr komplizierter Mord.“ Weitere Aufklärung könnte eine für heute angekündigte Erklärung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bringen, in der er Details zu den Vorgängen nennen will. Türkische Ermittler gehen nach Medienberichten davon aus, dass Khashoggi am 2. Oktober in der saudischen Vertretung in Istanbul von einem aus Saudi-Arabien angereisten Einsatzkommando gefoltert, ermordet und zerstückelt worden war.

Die Regierung in Riad hatte wochenlang jede Kenntnis von der Tötung des Journalisten im Konsulat bestritten und seinen Tod erst am Wochenende eingeräumt. Die offizielle Darstellung aus Riad lautet, er sei im Zuge eines aus dem Ruder gelaufenen Streits getötet worden.

Angesichts immer neuer Details wird der Ruf nach Konsequenzen lauter. Die Bundesregierung bestellte am Montag den saudischen Botschafter ein, um ihm die deutsche Position zu verdeutlichen, wie das Auswärtige Amt mitteilte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Merkel hatte am Wochenende weitere Genehmigungen für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien bis zur Aufklärung des Falls ausgeschlossen. Wie mit bereits erteilten Genehmigungen verfahren wird, hat die Bundesregierung nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert allerdings noch nicht entschieden.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte einen generellen Stopp deutscher Rüstungsexporte in das arabische Land. „Auch die bereits genehmigten Ausfuhren müssen auf Eis gelegt werden“, sagte sie im ZDF-“Morgenmagazin“. „Das würde Saudi-Arabien wirklich richtig, richtig treffen.“ Die Bundesregierung will die europäischen Partner von einer gemeinsamen Haltung überzeugen.

„Nur wenn alle europäischen Länder sich einig sind, dann macht das Eindruck auf die Regierung in Riad“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im ZDF.Auch in Brüssel würden die laufenden Ermittlungen genau verfolgt, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. Die EU-Staaten würden beraten, welche Auswirkungen der Fall auf die Beziehungen zu Saudi-Arabien haben werde. Die Verantwortung für Waffenexporte liege letztlich jedoch bei den einzelnen Mitgliedstaaten.

Der Fall überschattet auch eine für Dienstag in Riad geplante Wirtschaftskonferenz, auf der das Königreich um ausländische Investoren werben will. Wie zuvor bereits andere Vertreter aus Politik und Wirtschaft sagte am Montag auch Siemens-Chef Joe Kaeser seinen Besuch ab. „Für die Wirtschaft sei es wichtig, „dass die Umstände, die zum Tod des Journalisten führten, vollständig aufgeklärt werden“, sagte auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Martin Wansleben. Die „klare Haltung“ der Bundesregierung sei ein richtiges Zeichen. Die mehr als 800 in Saudi-Arabien tätigen deutsche Unternehmen bräuchten Vertrauen und Rechtssicherheit.

Gestern wurden in Istanbul fünf Zeugen von mehreren Staatsanwälten verhört. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, handelte es sich um Konsulatsmitarbeiter. Mehr als 20 weitere Zeugen sollten noch befragt werden. Knapp drei Wochen nach dem gewaltsamen Tod Khashoggis kondolierten Saudi-Arabiens König Salman und Kronprinz Mohammed bin Salman den Hinterbliebenen. Unterdessen ist ein im Zusammenhang mit der Affäre entlassener hoher saudischer Regierungsmitarbeiter weiter in offizieller Funktion aktiv. Er sei nun Präsident des Verwaltungsrates der saudischen Föderation für Cyber-Sicherheit, Programmierung und Drohnen, schrieb Saud al-Kahtani bei Twitter.

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