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Scholz in Magdeburg Der Optimist aus Altona

Hamburgs Bürgermeister als Talkgast: Olaf Scholz bricht eine Lanze für mehr Optimismus in der Politik.

Von Steffen Honig 20.09.2017, 01:01

Hamburg | Mit uns zieht die neue Zeit ...“ – der Geist dieses Arbeiterliedes ist es, aus dem Olaf Scholz seinen Optimismus bezieht. „Ich möchte, dass jeder klarkommt“, erklärt Hamburgs Erster Bürgermeister am Montagabend bei einer Talkrunde mit dem Magdeburger SPD-Bundestagskandidaten Burkhard Lischka in Magdeburg.

Das politische Koordinatensystem des stellvertretenden SPD-Chefs ist fest gefügt. Mit 17 Jahren trat er in die SPD ein. Motiv sei der Einsatz für Gerechtigkeit gewesen – wobei flugs der Bogen zum SPD-Wahlkampf geschlagen ist.

Der Regierende Bürgermeister ist erklärter Streiter für die politische Mitte, wie sie seine Partei etwas linker und CDU/CSU etwas rechter vertreten würden. „Eine „gute, stabile Mitte ist für unser Land nicht schlecht“, meint er. Was man als Plädoyer für eine neue Große Koalition verstehen kann.

Extreme Ausschläge nach links (einschließlich Linkspartei) oder nach rechts lehnt er entschieden ab. Bei der AfD wird er deutlich. Wenn die Rechtskonservativen in den Bundestag kämen, „würde ich Trauer empfinden“, bekennt Scholz. „Wir müssen im demokratischen Wettbewerb dafür sorgen, dass die keine Chance haben.“

Der 59-Jährige Rechtsanwalt war schon alles Mögliche in Partei und Staat: Juso-Bundesvorsitzender, Bundestagsabgeordneter, Bundesarbeitsminister sowie SPD-Generalsekretär (Beiname „Scholzomat“). Die Unnahbarkeit, die so suggeriert und durch gelegentliche TV-Auftritte – zuletzt nach dem G-20-Desaster, das ihn fast das Amt kostete – untermauert wird, zeigt er in der Magdeburger Runde mit rund 120 Gästen nicht.

Im Gegenteil, Scholz plaudert munter drauflos. Eine Steilvorlage dafür kommt aus dem Saal – zum unerschöpflichen Thema Rentensicherheit. Hier ist der frühere Arbeitsminister in seinem Element. Und dabei werden auch die Unterschiede zur Union deutlich.

Drei Punkte sind für den SPD-Mann wichtig: Mit 67 Jahren muss mit dem Arbeitsleben Schluss sein, den Rentenbeitrag bei 22 Prozent deckeln und keine weitere Absenkung des Rentenniveaus zulassen. Der Maßstab für Scholz: „Jemand, der für den Mindestlohn arbeitet, muss mit seiner Rente zurechtkommen können.“

Eifersucht verspüre er, sagt Scholz, wenn die Kanzlerin Merkel so tue, als habe sie die Lohnuntergrenze eingeführt. „Wir haben Merkel den Mindestlohn aus den Zähnen gezogen.“ Bei der Höhe des Mindestlohnes sieht er noch Luft nach oben. Und mit Blick auf den Wahlsonntag glaubt Scholz besonders wegen der Sozialkompetenz für seine SPD, „dass wir ein besseres Wahlergebnis bekommen werden als in den Umfragen vorhergesagt“.

Der Bürgermeister denkt gern auch über die Grenzen seines Stadtstaates und Deutschlands hinaus. Er setzt den Zukunftspessimismus in Europa gegen die Aufwärtsentwicklung in Teilen der Gesellschaften in Asien oder Lateinamerika. Diesem Auseinanderdriften will er – es ist zu ahnen – mit mehr Zukunftsoptimismus begegnen. Scholz: „Die EU muss politischer werden, damit sie nicht nur den Markt reguliert.“

Ein Hoffnungsträger für ihn ist der französische Präsident Macron, der ausländischen Konzernen mehr Steuern abverlangen will oder einen Botschafter für Flüchtlingsfragen ernannt hat. Da sei er schon etwas neidisch, sagt Scholz.