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SPD-Programm Kinder-Gesundheit nach Geldbeutel

Die SPD arbeitet am Programm für die Bundestagswahl. Um bessere Gesundheit von Kindern ging es bei einem Forum in Stendal.

Von Steffen Honig 26.10.2016, 01:01

Stendal l Politik kann dann erfolgversprechend sein, wenn sie praxistauglich ist. Das in Stendal vorgelegte SPD-Papier „Gesunder Start ins Leben für alle“ enthält, folgt man dem Echo der Dutzenden Fachleute aus dem Gesundheitsbereich, hoffnungsvolle Ansätze in dieser Richtung.

Die Ausgangsthesen von Bundestagsfraktionsvize Karl Lauterbacs fördern erschreckende Fakten zutage: Fast jedes dritte Kind in Deutschland unter 17 gehört der Gruppe mit niedrigem Sozial-Status an, 2,5 Millionen Kinder sind der Armutsgefahr ausgesetzt. Sie trügen „ein erhöhtes Risiko für einen schlechten allgemeinen Gesundheitszustand und psychische Auffälligkeiten“ – später kaum reparabel. Lauterbach: „Kinder sind ein Magnet für Armut.“ Das wirke sich später drastisch aus: In den USA, wo Lauterbach an der Harvard-Universität arbeitet, hätten Arme eine weit geringere Lebenserwartung als Reiche. Auch Deutschland und Großbritannien tendierten in diese Richtung, während es diese Unterschiede in Skandinavien und – trotz aller Krisen – in Südeuropa kaum gebe.

Lauterbach fordert: „Der Zusammenhang zwischen Gesundheit und sozialer Lage muss aufgehoben werden.“ Gesundheitsförderung müsse die Betroffenen in ihren Lebenswelten und Quartieren erreichen, die entscheidende Rolle liege hier bei den Kommunen. Der SPD-Politiker verweist auf das jüngst vom Bundestag beschlossene Präventionsgesetz mit ausbaufähigen Ansätzen. Lauterbach plädiert aber dafür, ein gesundes Aufwachsen als Extra-Ziel aufzunehmen, vor allem im Interesse von sozial Benachteiligten.

Rückkopplung aus Sachsen-Anhalt: Reinhard Nehring, Abteilungsleiter Sozialministerium, verweist auf die Gesundheitsziele des Landes, die in den 90er Jahren erstmals formuliert worden sind. Dazu gehörten die Senkung der Säuglingssterblichkeit, ein altersgerechter Impfstatus, die Zurückdrängung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs, Zurückdrängung des Rauchens und Alkoholkonsums und die Zahngesundheit vor allem bei Kindern. Bei der Umsetzung, so Nehring, habe es auch „ernüchternde Erkenntnisse“ gegeben. Kreislaufprobleme ließen sich nicht von heute auf morgen verringern. So wurden Teilschritte formuliert wie gesunde Ernährung und mehr Bewegung. Hinzu kam ein größeres Augenmerk auf psychische Probleme.

Was Kinder betreffe, so Nehring, fördere Ganztagsbetreuung nicht nur frühkindliche Bildung, hier lasse sich auch „gesundes alternatives Verhalten erlernen“. Als beispielhaft hebt er die Zusammenarbeit in der „Allianz für Kinder“ und die „Zentren für frühe Hilfen“ hervor.

Karl-Josef Eßer, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin merkte kritisch an, dass es in Deutschland „für Kinder kein Forschungszentrum“ gebe wie bei anderen medizinischen Disziplinen. Das SPD-Papier sei in Ordnung, lasse aber eine Menge offen.

Eßer möchte, dass der Gesundheitschutz enger mit dem Jugendschutz verzahnt wird. Hindernis: es gelten verschiedene Zuordnungen im Sozialgesetzbuch. SPD-Bundestagsabgeordnete Marina Kermer unterstrich, dass Netzwerke und Schnittstellen gebraucht würden. Kinderarzt Eßer hofft auf eine „unbürokratische und unideologische Finanzierung“. Das dürfte bei den unterschiedlichen Interessen und Begehrlichkeiten von Kommunen, Krankenkassen und Ärzten wohl ein frommer Wunsch bleiben.