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Studie Soziale Spaltung nimmt zu

Besonders in Ostdeutschland ist die soziale Spaltung stark ausgeprägt. Eine Ausnahme bildet Magdeburg.

23.05.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Arm und Reich leben in deutschen Städten immer seltener Tür an Tür. Besonders ausgeprägt ist die soziale Spaltung in Ostdeutschland, wie es in einer neuen Studie des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung heißt, die gestern veröffentlicht wurde. Für ihre Studie haben die Autoren die soziale Durchmischung in 74 deutschen Städten für die Jahre 2005 bis 2014 untersucht. In rund 80 Prozent dieser Kommunen habe die räumliche Ballung von Menschen zugenommen, die von staatlichen Sozialleistungen wie Hartz IV lebten. In Ostdeutschland sei die Entwicklung mit 23 Prozent deutlich spürbarer als in westdeutschen Städten mit rund 8 Prozent.

Die höchsten Werte sozialer Ungleichheit beim Wohnen ermittelten die Forscher im Osten für Rostock, Schwerin, Potsdam, Erfurt, Halle und Weimar. Stark betroffen waren aber auch einige Städte in Westdeutschland, darunter Kiel, Saarbrücken und Köln. „Dieses Niveau kennen wir bisher nur von amerikanischen Städten“, sagt Forscher Marcel Helbig. Die Dynamik der Veränderung sei vor allem im Osten „historisch beispiellos.“ Das hat auch gesellschaftliche Folgen: Wer die Probleme des Nachbarn mit wenig Geld nicht mehr hautnah erlebt, kann ein Stück Lebenswirklichkeit leichter ausblenden. Und wer im „Armenghetto“ lebt, mag weniger Aufstiegswillen entwickeln.

In 36 deutschen Städten gibt es nach der Analyse inzwischen Quartiere, in denen mehr als die Hälfte der Kinder von staatlichen Leistungen abhängig ist. Die höchsten Werte errechneten die Wissenschaftler hier für Rostock, Berlin, Halle und Schwerin. „Diese Entwicklung kann sich negativ auf die Lebenschancen armer Kinder ausweiten“, sagte Autorin Stefanie Jähnen. „Aus der Forschung wissen wir, dass die Nachbarschaft den Bildungserfolg beeinflusst.“

Auf der Suche nach Erklärungen für die zunehmende soziale Spaltung ostdeutscher Städte vermuten die Autoren auch den Städtebau.

So wiesen Magdeburg und Dresden, die im Zweiten Weltkrieg großflächig zerstört und danach neu aufgebaut wurden, noch keine bemerkenswert große soziale Spaltung auf. Rostock, Erfurt oder Jena, die zu DDR-Zeiten Plattenbau-Viertel am Stadtrand hochzogen, haben dort heute eine Ballung sozial schwacher Haushalte in Brennpunkt-Vierteln. Diese räumliche Spaltung kann aus Sicht der Autoren eine politische Polarisierung begünstigen - in Richtung AfD.