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Trauerfeier Hausverbot für Kohls Sohn Walter

Die Abstimmungsgespräche über die Trauerzeremonien für den gestorbenen Altkanzler sind nicht einfach. Der Familienstreit geht weiter.

21.06.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Kanzlerin Angela Merkel und führende Vertreter Europas werden die Verdienste des verstorbenen Alt-Kanzlers Helmut Kohl beim europäischen Trauerakt am 1. Juli würdigen. Bei der Gedenkfeier im Europaparlament in Straßburg würden neben der CDU-Chefin EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani, EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sprechen, teilte das Bundesinnenministerium am Mittwoch in Berlin mit. Außerdem sollen der französische Präsident Emmanuel Macron und der frühere US-Präsident Bill Clinton Reden halten.

Der Streit zwischen dem älteren Sohn Kohls, Walter, und der Witwe des Altkanzlers eskalierte unterdessen weiter.

Begleitet von seinem Sohn und der Tochter seines Bruders versuchte Walter Kohl am Mittwoch vergeblich, in das Haus seines Vaters in Ludwigshafen zu gelangen. Er sagte, er sei von der Polizei auf ein Hausverbot hingewiesen worden. Am Freitag war der Sohn am Sterbebett seines Vaters gewesen. Von dessen Tod hatte er nach eigenen Angaben aus dem Radio erfahren. Kohl war am Freitag im Alter von 87 Jahren nach langer Krankheit in seinem Haus gestorben.

Der Anwalt von Maike Kohl-Richter, Stephan Holthoff-Pförtner, warf Walter Kohl vor, einen Eklat zu inszenieren. Der langjährige Anwalt und Vertraute Kohls sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, er habe am Dienstag das Gespräch mit dem Kohl-Sohn gesucht, um die Abläufe der Trauerfeierlichkeiten zu bereden und zu klären, wie sich die Söhne und Enkel von Helmut Kohl verabschieden könnten. Ziel sei es gewesen, die Teilnahme der Söhne und ihrer Familien an allen Trauerzeremonien zu besprechen.

Walter Kohl habe eingewilligt, am Dienstagnachmittag ein Telefonat dazu zu führen, sagte Holthoff-Pförtner. Zum verabredeten Zeitpunkt sei dieser dann aber nicht erreichbar gewesen – trotz mehrfacher Kontaktversuche. „Er hat sich diesem Gespräch entzogen.“ Dass Walter Kohl stattdessen am Mittwoch mit Kohls Enkeln unangemeldet vor dem Haus in Ludwigshafen-Oggersheim auftauche und um Einlass bitte, sei „die gewollte und bewusste Inszenierung eines Eklats“. Die Darstellung Walter Kohls, er werde abgeschirmt, sei falsch.

Holthoff-Pförtner dementierte einen Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, wonach Merkel nach dem Willen von Kohl-Richter auf dem Trauerakt ursprünglich nicht habe sprechen sollen. „Es gab zu keinem Zeitpunkt in der Familie Helmut Kohls Bedenken gegen eine Rede der Bundeskanzlerin beim Trauerakt in Straßburg“, sagte der Anwalt der dpa. Der „Spiegel“ schreibt, Kohl-Richter habe die Idee präsentiert, dass ausschließlich ausländische Gäste sprechen sollten, darunter der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban, einer der erbittertsten Gegner von Merkels Flüchtlingspolitik. Erst als Vertraute vor einem Eklat gewarnt hätten, sei sie von diesen Überlegungen abgerückt.

Der Anwalt wies auch die Darstellung der „Bild“-Zeitung vom Dienstag zurück, die Witwe habe konkrete Vorstellungen für Gästeliste und Ablauf gehabt, die die Organisation eines offiziellen deutschen Staatsaktes für Kohl schwierig gemacht hätten.

Regierungssprecher Steffen Seibert wollte sich zu Berichten über schwierige Abstimmungsgespräche zu den Trauerzeremonien nicht äußern. Auch Informationen, nach denen Kohl-Richter eine Rede von Bundespräsident Franz-Walter Steinmeier habe verhindern wollen, wollte er nicht kommentieren. Seibert sagte: „Allen Beteiligten ist vollkommen klar, welch singulär große Rolle Helmut Kohl bei zwei entscheidenden politischen Aufgaben der vergangenen Jahrzehnte gespielt hat“ – der europäischen Einigung und der deutschen Einheit.