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US-Senat Zähe Debatte um Abschaffung von "Obamacare"

Trump und die republikanische Führung haben über Tage eine Drohkulisse aufgebaut, die Abschaffung von "Obamacare" soll endlich gelingen.

26.07.2017, 18:43

Washington (dpa) l Im US-Senat hat ein intensives Ringen um die Abschaffung der Gesundheitsversorgung "Obamacare" begonnen. Nachdem die Republikaner am Dienstag bei einer formalen Abstimmung einen Sieg verzeichnen konnten, scheiterten sie wenig später mit einem ersten Vorschlag, der weite Teile des bisherigen Gesetzes abgeschafft und ersetzt hätte. Der Widerstand in den eigenen Reihen war zu groß. Einige Republikaner haben massive Zweifel an den Plänen. US-Präsident Donald Trump stellte eine der Abgeordneten, die Senatorin Lisa Murkowski, am Mittwochmorgen öffentlich an den Pranger. Er warf ihr vor, die Republikaner und das Land im Stich gelassen zu haben. Murkowski war eine von zwei republikanischen Abgeordneten, die am Dienstag gegen das Vorhaben stimmten, die Debatte über ein Alternativgesetz zu beginnen.

Dieses formale Prozedere bekam nur die knappest mögliche Mehrheit. Vizepräsident Mike Pence musste das Unentschieden mit seiner Stimme brechen, weil die beiden republikanische Senatorinnen mit Nein gestimmt hatten. Damit hatte es 50:50 gestanden. Alle 48 Demokraten stimmten mit Nein. Knapp an der Niederlage vorbeigeschrammt, machte die formale Entscheidung dem Senat zunächst den Weg für eine Debatte frei. Der politische Prozess im Senat sieht die Möglichkeit zahlreicher Anfügungen und Änderungen zu einem vorliegenden Gesetzestext vor. Am späten Dienstagabend (Ortszeit) stimmten die Senatoren mehrheitlich gegen einen Vorschlag, der weite Teile von "Obamacare" abgeschafft und ersetzt hätte. 57 Senatoren waren dagegen, darunter auch neun Republikaner. 43 votierten dafür. Unter ihnen war John McCain, der wenige Stunden zuvor noch angekündigt hatte, dagegen stimmen zu wollen. In den kommenden Tagen folgen weitere Abstimmungen. Ende der Woche wird dann voraussichtlich über eine Abschaffung und bzw. oder einen Ersatz für "Obamacare" entschieden.

Trump bedankte sich am Dienstag bei den republikanischen Senatoren, nachdem die Kammer den Weg für die Debatte freigemacht hatte. "Obamacare" sei ein Desaster und hätte schon längst abgeschafft werden sollen, sagte er. Die Gesundheitsgesetzgebung sei extrem komplex, er kenne sich damit aus. Amerika stehe nun vor einer "großen" Krankenversicherung. Anschließend muss sich nochmals das Abgeordnetenhaus damit befassen, weitere Änderungen sind möglich. Mit dem nun gewählten Verfahren kaufen sich die Republikaner also praktisch Zeit. Mehrere Republikaner, die noch in der Vorwoche aus ganz verschiedenen Gründen gegen ein eigenes Alternativgesetz gestimmt hatten, sagten nun Ja zu dem formalen Schritt. Daraus lässt sich aber keine Voraussage über den Ausgang der Senatsabstimmung über das Gesetz ableiten, auch weil die genaue Gestalt des Gesetzes völlig unklar ist.

Die Führung der Republikaner und Trump selbst hatten über Tage eine Art Alles-oder-Nichts-Szenario aufgebaut: Wer dagegen stimme, die Abschaffung von "Obamacare" in Gang zu setzen, stimme für das Werk von Trumps Amtsvorgänger. Gegen "Obamacare" laufen die Republikaner seit Jahren Sturm: Sie halten das Gesetz für einen Übergriff des Staates und für Sozialismus, außerdem trägt das Gesetzeswerk Barack Obamas Namen. Eine mehrheitsfähige Alternative zu der von vielen für die USA als historisch bezeichneten Versicherung hatte die Partei gleichwohl nicht entwickelt.

Trump hatte zuletzt großen Druck auf die republikanischen Senatoren ausgeübt. Mehrheitsführer Mitch McConnell sagte, nach Jahren der Debatte müsse man nun ein Versprechen einlösen. Für den gewieften Strippenzieher war der Dienstag letztlich ein großer Schritt, wenn auch noch kein endgültiger. Erst vergangene Woche waren die vorerst letzten Versuche der Republikaner am Widerstand aus den eigenen Reihen gescheitert, einen mehrheitsfähigen Reformvorschlag zu "Obamacare" vorzulegen. Manchen Republikanern ging er zu weit, anderen nicht weit genug. Unabhängige Analysen bescheinigten allen bisher diskutierten Vorschlägen der Republikaner gravierende Verschlechterungen für die Gesundheitsvorsorge von mehr als 20 Millionen US-Amerikanern.