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Verteidigungsetat Teure Versprechen an die Nato

Trotz Milliardenlochs in der Finanzplanung will der Bund die Verteidigungsausgaben langfristig erhöhen. Das kündigt sie der Nato an.

05.02.2019, 23:01

Berlin (dpa) l  Im Streit mit den USA über die Verteidigungsausgaben hat Deutschland neue Zusagen gemacht. Die Bundesregierung legte der Nato nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur und des Magazins „Spiegel“ am Dienstag ein Strategiepapier vor, das eine Erhöhung der Investitionen in die Bundeswehr und deren Ausrüstung über die bereits bis 2024 zugesagten 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hinaus vorsieht. Das bestehende Bekenntnis bedeute bereits einen Anstieg um 80 Prozent zwischen 2014 und 2024 (in absoluten Zahlen von rund 33 auf 60 Milliarden Euro), heißt es in dem Bericht. „Dieser Anstieg wird in den Jahren nach 2024 fortgesetzt.“

Nach Angaben aus Nato-Kreisen entsprechen die deutschen Angaben allerdings vermutlich nicht den Erwartungen in der Bündniszentrale und erst recht nicht denen von US-Präsident Donald Trump. Denn sowohl in Brüssel als auch in Washington verlangt man konkrete Angaben darüber, wie die Ziele bei den Verteidigungsausgaben erreicht werden können. So war bei Deutschland bis zuletzt völlig unklar, wie 2024 eine Quote von 1,5 Prozent erreicht werden soll, wenn man 2022 laut der mittelfristigen Finanzplanung nur bei 1,23 Prozent liegen wird.

Die deutschen Zahlen könnten damit den Streit über die Verteidigungsausgaben im Bündnis weiter anheizen. Bei einem Nato-Gipfeltreffen im vergangenen Sommer in Brüssel hatte Trump sogar einen Austritt der USA aus dem Bündnis nicht ausgeschlossen, sollten nicht alle Bündnispartner sofort zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgeben. Der US-Präsident beklagt seit langem eine unfaire Lastenteilung im Militärbündnis und attackiert vor allem Deutschland wegen seiner vergleichsweise niedrigen Ausgabenquote von zuletzt nur 1,24 Prozent des BIP. Die USA lagen zuletzt bei einem Wert von 3,5 Prozent.

In der kommenden Woche kommen die Nato-Verteidigungsminister in Brüssel zusammen. Auch bei der anschließenden Münchner Sicherheitskonferenz werden die Verteidigungsausgaben Thema sein.

Das Versprechen der Bundesregierung an die Nato platzt mitten in die innenpolitische Diskussion über ein Milliarden-Loch in der Finanzplanung für die nächsten fünf Jahre. Am Montag war bekannt geworden, dass das Finanzministerium von SPD-Vizekanzler Olaf Scholz mit durchschnittlich rund fünf Milliarden Euro an geringeren Steuereinnahmen pro Jahr rechnet. In der mittelfristigen Finanzplanung bis 2023 fehlen der Prognose zufolge unter dem Strich 24,7 Milliarden Euro. Ein Grund ist, dass die Wachstumsprognose für 2020 von 1,8 auf 1,0 Prozent nach unten korrigiert worden ist.

Im Verteidigungsetat sind derzeit 43,2 Milliarden Euro für das laufende Jahr eingeplant. Nach scharfer Kritik gerade von US-Präsident Donald Trump an zu geringen Ausgaben des Nato-Partners war eine Steigerung bis 2025 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zugesagt worden – das wären auf Basis des aktuellen BIP von 3,388 Billionen Euro rund 50,7 Milliarden Euro. Da die Wirtschaftsleistung in der Regel aber steigt, könnte das bis zum Zieljahr 2025 auch über 60 Milliarden Euro an Militärausgaben bedeuten. Finanzminister Scholz hat die Steigerung unter Finanzierungsvorbehalt gestellt.

Auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) dürfte Probleme bekommen, die sogenannte ODA-Quote zu erfüllen: Gemeint ist die Zusage Deutschlands, wenigstens 0,5 Prozent des BIP an Entwicklungshilfeausgaben bereitzustellen. Im Jahr 2017 hatte Deutschland knapp 25 Milliarden Euro an Ausgaben gemeldet.

Auch die von Sozialminister Hubertus Heil (SPD) geplante Grundrente für Geringverdiener, die 35 Jahre lang Beiträge eingezahlt haben und die vier bis sechs Milliarden Euro kosten könnte, steht erst einmal unter Finanzierungsvorbehalt.

Damit dürfte es bei der derzeit laufenden Aufstellung des Haushalts für 2020 zu erheblichem Knatsch kommen. Der Kabinettsbeschluss für den Etat 2020 und für den weiteren Finanzplan bis 2023 soll am 20. März fallen.

Die Nato hatte sich 2014 darauf verständigt, dass sich jeder Mitgliedstaat bei den Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zubewegen soll. Deutschland hat den BIP-Anteil seitdem von 1,18 auf 1,24 Prozent in 2018 gesteigert. Im Koalitionsvertrag von 2018 ist zwar eine Steigerung der Ausgaben vereinbart. Die 1,5 Prozent des BIP hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aber erst kurze Zeit später als Ziel ausgegeben.

Die CDU sieht nun den Finanzminister am Zug. „Es muss jetzt einen Kassensturz geben“, sagte CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg der „Passauer Neuen Presse“. „Wir müssen darüber reden, was finanziell geht und was nicht.“ Die 25-Milliarden-Lücke sei „noch nicht das Ende der Fahnenstange“.