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Kurzschluss Marder legt „Weltmaschine“ lahm

Teilchenbeschleuniger in der Schweiz muss nach einem Kurzschluss durch einen Marder repariert werden.

Von Thomas Burmeister 01.05.2016, 23:01

Genf (dpa) l Ein kleiner Marder hat den größten Teilchenbeschleuniger der Welt lahmgelegt: Das Raubtier sei in die unterirdische Riesenmaschine eingedrungen und habe einen Kurzschluss ausgelöst, verzeichnet das Arbeitsprotokoll des Europäischen Kernforschungszentrums (Cern). Es habe eine „schwere elektrische Störung“ gegeben.

Die Anlage musste den Betrieb einstellen, sagte der Cern-Sprecher Arnaud Marsollier dem britischen Sender BBC am Wochenende. Vor einigen Jahren hatte der Beschleuniger – die Wissenschaftler am Cern nennen ihn gern „Weltmaschine“ – nach der Begegnung mit einem Vogel schlapp gemacht.

Der Steinmarder bezahlte sein Eindringen in eine 66-Kilovolt-Transformator-Anlage mit dem Leben. Er wurde von einem Stromschlag getötet. Bis die Folgen des Kurzschlusses behoben sind und der Beschleuniger Large Hadron Collider (LHC) wieder hochgefahren wird, könnten nach Einschätzung des Sprechers einige Tage vergehen.

Steinmarder sind dafür berüchtigt, dass sie Autos ausbremsen, indem sie Kabel durchbeißen, weshalb sie gelegentlich auch als „Automarder“ bezeichnet werden. Wie das Tier in die bewachte Beschleunigeranlage nördlich von Genf gelangen konnte, war noch unklar. Die Tatsache an sich sei aber nicht unbedingt verwunderlich, erklärte Marsollier: Die Forschungseinrichtung liege halt in einer eher ländlich geprägten Gegend. Der Beschleuniger war im Juni 2015 nach zweijährigen umfangreichen Modernisierungsarbeiten wieder in Betrieb genommen worden. Zuvor hatten die Cern-Wissenschaftler mit Hilfe des 27 Kilometer langen Ringtunnels zwischen dem französischen Jura und dem Genfer See die Existenz des Higgs-Boson nachgewiesen, des wichtigsten Elementarteilchens im Standardmodell der Materie.

Mit dem runderneuerten Teilchenbeschleuniger suchen sie nach Hinweisen für die Existenz von dunkler Materie. Eigentlich sollte er dafür drei Jahre lang rund um die Uhr laufen. Die Kollisions-Energie, mit der die fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigten Teilchen aufeinanderprallen, beträgt 13 Teraelektronenvolt (TeV). Dass die Forscher nun durch den Marder ausgebremst wurden, wird im LHC-Protokoll so kommentiert: „Not the best week for LHC!“ (Nicht die beste Woche für den LHC!).

Für den letzten ähnlichen Zwischenfall im Cern war im November 2009 ein Vogel „verantwortlich“. Wie damals eine Cern-Sprecherin bestätigte, hatte er Brotstücke fallengelassen, die in einer elektrischen Anlage unweit der Cern-Gebäude einen Kurzschluss auslösten. Davon war das Kühlsystem des Beschleunigers betroffen, so dass die Temperatur zu stark anstieg. Der Vogel sei unverletzt entkommen, habe aber sein Essen eingebüßt, erklärte die Sprecherin damals.