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Belgien Erstmals Sterbehilfe für todkrankes Kind

Heftiger Protest des Vatikans, Details zum Patienten bleiben geheim.

18.09.2016, 23:01

Brüssel/Rom (dpa) l Der erste Fall von Sterbehilfe für Minderjährige in Belgien hat heftigen Protest aus dem Vatikan hervorgerufen. Das belgische Sterbehilfe-Gesetz nehme Kindern das Recht auf Leben, kritisierte Kardinal Elio Sgreccia laut Radio Vatikan. Am Sonnabend war bekanntgeworden, dass ein minderjähriger Mensch in Belgien mit medizinischer Hilfe gestorben war.

Damit hätten Ärzte erstmals die gesetzlich erlaubte Sterbehilfe für Minderjährige angewandt, bestätigte der Vorsitzende der staatlichen Sterbehilfe-Kommission, Professor Wim Distelmans. Der Patient oder die Patientin war den Angaben zufolge todkrank. Details wurden nicht genannt.

1. Was bedeutet aktive Sterbehilfe?

Von aktiver Sterbehilfe spricht man, wenn ein Arzt einen schwer kranken Patienten auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin tötet. In Belgien ist dies bei Erwachsenen seit 2002 erlaubt, anders als in fast allen anderen Ländern der Welt. Nur in den Niederlanden, in Luxemburg und in Kolumbien ist aktive Sterbehilfe ebenfalls legal.

2. Wird die aktive Sterbehilfe nur bei Todkranken angewendet?

Die Leiden des Patienten müssen laut Gesetz „anhaltend, unerträglich und unlinderbar“ sein. Das gilt nicht nur für Krebskranke im Endstadium, sondern auch für Menschen mit bestimmten chronischen Krankheiten. In den vergangenen Jahren wurde etwa einer 24-jährigen Depressiven und einem psychisch kranken Sexualverbrecher Sterbehilfe versprochen.

3. Wer beantragt in Belgien Sterbehilfe?

In der Mehrzahl der Fälle sind die Betroffenen älter als 70 Jahre und leiden unheilbar an Krebs. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2014 dürfen nicht nur Erwachsene, sondern auch Minderjährige ohne Altersbeschränkung um Sterbehilfe bitten. In diesem Fall müssen aber die Eltern ihr Einverständnis geben.

4. Wie viele Ärzte müssen der Sterbehilfe zustimmen?

In jedem Fall muss der behandelnde Arzt einen Fachkollegen um Rat bitten. Bei chronischen, aber nicht tödlichen Krankheiten muss ein zweiter Arzt hinzugezogen werden, bei Minderjährigen außerdem ein Kinder- und Jugendpsychiater.

5. Wie hat sich die Zahl der Sterbehilfe-Fälle in den vergangenen Jahren entwickelt?

Sie ist sehr stark gestiegen. Im Jahr 2003 gab es 235 Fälle, zehn Jahre später waren es schon 1807. Laut einer Studie aus dem Jahr 2010 wird jedoch nur etwa jeder zweite Fall im flämischsprachigen Teil Belgiens auch gemeldet.

6. Wer prüft, ob alles nach den Bestimmungen abläuft?

Nach dem Tod des Patienten muss der behandelnde Arzt die Krankenakte innerhalb von vier Tagen einer staatlichen Sterbehilfe-Kommission vorlegen. Das 16-köpfige Gremium aus Juristen und Medizinern prüft dann, ob die Sterbehilfe in dieser Form legal war. Wenn nicht, leitet die Kommission den Fall an die zuständige Staatsanwaltschaft weiter.