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Aufgespießt Das leise Sterben der Liebesschlösser

Wie romantische Eisenwaren klammheimlich verschwinden.

Von Axel Ehrlich 29.09.2016, 01:01

Frankfurt am Main l Das unerklärliche Massenphänomen der Liebesschlösser ist endlich in der Auflösungs-Phase. Liebesschlösser, also eigentlich ganz normale Kellertürvorhängeschlösser, die mit eingraviertem Herz und „Tom & Melanie“ und natürlich allen anderen denkbaren Vornamen-Kombinationen plötzlich zu Tausenden an Geländern, Verkehrsgittern oder Zäunen hingen.

Die über Nacht Nachwuchs zu zeugen schienen, so dass am nächsten Tag auf einmal doppelt so viele Schlösser an derselben Stelle hingen. Die von Stadtverwaltungen und Bauämtern mit Schneidbrennern und Bolzenschneider wie wucherndes Unkraut bekämpft wurden, weil sie Fluchttüren versperrten und sogar die Statik von Brücken gefährdeten.

Und jetzt diese Nachricht: Am Eisernen Steg in Frankfurt, hierbei handelt es sich um eine extrem beliebte Liebesschloss-Fußgängerbrücke, sind hunderte der Schlösser über Nacht spurlos verschwunden. Und, das ist das eigentlich Bemerkenswerte, ohne jedes Geschrei. Sondern ganz, ganz leise. Niemand vermisst diese Liebesbeweise. Die Polizei bestätigte jedenfalls, dass bislang nicht eine einzige Anzeige eingegangen ist.

Nach der massenhaften Schloss-Vermehrung hat sich Trend zum schleichenden Rückzug umgekehrt. Keine Trauer. Nur der Blick nach vorn: In vielleicht fünf Jahren sind auch die letzten nervigen Liebesschlösser aus den Stadtbildern verschwunden. Freiheit für unsere Geländer, Verkehrsgitter und Zäune!