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Briefe Wertschätzung im Umschlag

Am Freitag ist Welttag des Briefeschreibens. Handschriftliches ist viel überlegter formuliert.

31.08.2017, 23:01

Stuttgart (dpa) l Trotz der überall verfügbaren und schnelleren digitalen Kommunikation ist der Brief noch nicht ausgestorben. Die Deutsche Post hat 2016 bundesweit durchschnittlich 59 Millionen Briefe pro Werktag befördert. Zehn Jahre zuvor waren es noch 70 Millionen. Der Anteil persönlicher Briefe lag im Jahr 2016 bei rund 3,5 Millionen pro Tag. Was kann der Brief, und warum schreibt man ihn noch?

Angesichts der Vielzahl an Kommunikationskanälen sei der Brief heute umso mehr geeignet, Wertschätzung auszudrücken, sagt der Medienpsychologe Tobias Dienlin von der Universität Hohenheim in Stuttgart. Viele neue Medien hätten den Vorteil, dass sich Nachrichten wieder auflösen, sich löschen. „Der Brief ist explizit darauf angelegt, überdauernd zu sein, noch mal gelesen zu werden“, so Dienlin. Weil man im handgeschriebenen Brief nichts durchstreichen wolle, sei er auch viel überlegter formuliert als beispielsweise eine E-Mail.

Briefe aus dem Krieg, geschrieben in Sütterlinschrift, gehören noch heute zum Familienbesitz von Roland Sing, Vorsitzender des Landesseniorenrats Baden-Württemberg. Der 75-Jährige erinnert sich an den Brief seines Onkels, der 1941 aus Russland geschrieben hatte und wenig später fiel. Als er das später gelesen habe, habe er das Gefühl gehabt, hautnah dabei zu sein, sagt Sing.

Der Verein Initiative gegen die Todesstrafe vermittelt Brieffreundschaften mit Häftlingen in den USA, die zum Tode verurteilt sind. Durch den Austausch von Briefen baut sich eine persönliche Beziehung auf, sagt die Vorsitzende Gabi Uhl.

Auch bei Kriminellen ist der Brief immer noch en vogue - zum Beispiel bei Erpressungen, wie ein Sprecher des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg sagt. Ganz vereinzelt gebe es auch handschriftliche Botschaften. Doch Ermittler können am Papier Fingerspuren, kleinste Hautschuppen oder DNA finden.

Der Brief ist nach wie vor ein sehr sicheres Mittel der Kommunikation, sagt der Landesbeauftragte für Datenschutz in Baden-Württemberg, Stefan Brink. Ins Briefgeheimnis dürfe nur unter gerichtlicher Kontrolle etwa durch Sicherheitsbehörden oder im Strafvollzug eingegriffen werden. Greift Brink privat noch zur Feder? „Eine Glückwunschkarte ist von Hand geschrieben persönlicher und herzlicher, auch ein Beileidsbrief darf nicht per Mail oder SMS ankommen.“