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Gefängnis Kein Platz in neuer Sicherungsverwahrung

Zwei Zimmer, eigene Dusche, Freizeitangebote: Sicherungsverwahrte haben in Niedersachsen seit fünf Jahren mehr Komfort als Häftlinge.

19.05.2018, 15:06

Rosdorf (dpa) l Die zentrale niedersächsische Sicherungsverwahrung für rückfallgefährdete Schwerverbrecher ist fünf Jahre nach ihrer Eröffnung fast voll belegt. Nach Angaben des Justizministeriums sind 40 Personen in der Einrichtung auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt (JVA) Rosdorf bei Göttingen untergebracht. Es handelt sich ausnahmslos um Männer, die nach schweren Verbrechen wie Mord oder Sexualdelikten langjährige Haftstrafen verbüßt haben. Weil sie als gemeingefährlich gelten, werden sie nicht in die Freiheit entlassen.

"Die Belegung ist seit der Eröffnung kontinuierlich gestiegen", sagte JVA-Leiterin Regina Weichert-Pleuger. Derzeit sind nur noch fünf der 45 Plätze frei. In Niedersachsen gibt es momentan 50 Sicherungsverwahrte. Neun befinden sich in sozialtherapeutischen Einrichtungen, einer im offenen Vollzug.

Das 12,5 Millionen Euro teure dreigeschossige Gebäude in Rosdorf war Ende Mai 2013 als bundesweit erster Neubau für Sicherungsverwahrte eröffnet worden. Der Bau war nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erforderlich geworden, wonach Sicherungsverwahrte besser untergebracht sein müssen als Strafgefangene. Die Verwahrten, die im Durchschnitt deutlich älter sind als 50 Jahre, haben jeweils ein 23-Quadratmeter-Appartment für sich zur Verfügung. Es hat zwei Zimmer und ein Duschbad. Gefängniszellen sind dagegen nur neun Quadratmeter groß.

Im Großen und Ganzen kommen Verwahrte und Bedienstete der JVA nach Einschätzung der Anstaltsleitung gut miteinander aus. Angriffe auf Justizbedienstete habe es in den fünf Jahren jedenfalls nicht gegeben, sagte Weichert-Pleuger. "In einer Institution, in der die Verwahrten nicht freiwillig untergebracht sind, kommt es naturgemäß aber auch immer wieder zu kleineren Konflikten." Dabei gehe es zumeist um Entscheidungen des Personals zu alltäglichen Dingen, mit denen die Sicherungsverwahrten nicht einverstanden seien.

Auch zwischen den Verwahrten gebe es regelmäßig Konflikte, sagte die JVA-Chefin. "Viele haben nie gelernt, selbst kleinste Konflikte wie die Reinigung der Küche sozialadäquat zu lösen." Einige neigten dazu, Konflikte eher mit Druck oder Gewalt lösen zu wollen. "Andere wiederum sind so konfliktscheu, dass sie vor solchen Problemen eher flüchten und sich zurückziehen." Hier setze die sozialtherapeutische Arbeit an.

Hauptziel der Sicherungsverwahrung ist es zwar, die Allgemeinheit zu schützen. Doch die Betroffenen sollen auch psychiatrische oder sozialtherapeutische Behandlungen bekommen, sagte der Sprecher des Justizministeriums, Christian Lauenstein. Viele der Männer spielen dabei nach Darstellung der Anstaltsleitung nicht mit.

"Die vielfältigen Behandlungsmaßnahmen werden nicht im gewünschten Umfang angenommen", sagte Weichert-Pleuger. "Die meisten leben eher unstrukturiert in den Alltag hinein." Die Hoffnung, mehr Sicherungsverwahrte therapeutisch zu erreichen, habe sich jedenfalls nur zum Teil erfüllt. Nur im Fall einer erfolgreichen Behandlung bestünde für die Verwahrten die Aussicht, dass die Maßregel zur Bewährung ausgesetzt oder sogar ganz aufgehoben wird.

Ausbrüche aus der neuen Sicherungsverwahrung hat es seit der Eröffnung nicht gegeben. In einigen wenigen Fällen gab es bei begleiteten Ausgängen allerdings sogenannte Entweichungen. Die Männer wurden aber ausnahmslos nach kurzer Zeit wieder gefasst. Unter dem Strich, so sagte Ministeriumssprecher Lauenstein, habe sich die Abteilung in Rosdorf bewährt.