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Gesellschaft Smoothie statt Schnaps

Die Jugend setzt auf Disziplin und Leistung - sagt zumindest ein Forscher. Das macht sich auch beim Alkoholkonsum bemerkbar.

18.05.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Alkopops sind schon lange aus der Mode, und Komasaufen scheint mittlerweile verpönt: Nach neuen Erhebungen der Bundeszen­trale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vergeht der Jugend die Lust auf Bier, Wein und Schnaps. Warum sich Jugendliche und junge Erwachsene in Zurückhaltung üben – eine Übersicht:

Trinkt die Jugend heute tatsächlich weniger Alkohol als vorherige Generationen?

Die Erkenntnisse der BZgA-Studie legen das nahe: Im vergangenen Jahr gaben 10 Prozent der 12- bis 17-Jährigen an, mindestens einmal pro Woche Alkohol zu trinken. Im Jahr 2004 waren es mit 21,2 Prozent noch mehr als doppelt so viele. „Zudem trinken Jugendliche später als jemals zuvor den ersten Schluck Alkohol – aktuell mit 14,9 Jahren“, erklärt BZgA-Leiterin Heidrun Thaiss.

Trinken Jugendliche auch weniger exzessiv?

Auch hier ist die Tendenz eindeutig: Etwa jeder siebte Teenager (13,5 Prozent) gab zu, sich im vorherigen Monat einmal in einen Rausch getrunken zu haben. 2004 sagten das noch fast 22,6 Prozent.

Wie lässt sich diese Entwicklung erklären?

„Dieser Trend (...) ist auch das Ergebnis guter Aufklärungsarbeit“, erklärt die Drogenbeauftragte des Bundes, Marlene Mortler (CDU). So sei etwa die Kampagne „Alkohol? Kenn dein Limit“ erfolgreich, weil sie Gleichaltrige ohne erhobenen Zeigefinger Wissen über die Wirkung von Alkohol vermittele.

Ist Aufklärungsarbeit wirklich der einzige Grund?

Auch gesellschaftliche Wahrnehmung könne eine Rolle spielen. „Der Trend zu weniger Alkohol unter Jugendlichen besteht seit Jahrzehnten“, sagt Erziehungswissenschaftler John Litau.

Gibt es nicht noch andere Erklärungsansätze?

Jugendliche griffen nicht mehr unbedingt mit der Absicht zur Flasche, einen komatösen Betrunkenheitszustand zu erreichen, sagt Litau. Der Rausch sei zwar immer noch das Ziel, aber nur in einem Maße ohne größere negative Folgen – einen Krankenhausaufenthalt etwa. Auch Bedenken wegen sozialer Auswirkungen im Freundeskreis oder der Familie spielten eine Rolle.

Smoothie statt Schnaps – spielen gesellschaftliche Trends eine Rolle?

„Das Ausschweifende ist nicht mehr cool, es geht zunehmend um Leistung“, sagt Jugendforscher Philipp Ikrath. Er sieht den Rückgang als Teil eines Mentalitätswandels: Die Slacker-Figur (auf Deutsch etwa: Faulenzer), die sich antriebslos hängen lässt, habe ausgedient. Disziplin, Leistungs- und Durchsetzungsfähigkeit rücke in den Fokus der Jugend. Sie verzichte auf körperschädigende Substanzen und setze auf Gesundheits- und Sporttrends. Die passenden Bilder dazu liefere etwa Instagram. „Man kann von einer Anti-Exzess-Generation sprechen“, sagt Ikrath.

Dann greifen nicht nur die ganz Jungen seltener zur Flasche?

Auch die 18- bis 25-Jährigen trinken weniger häufig Alkohol: Knapp ein Drittel (30,7 Prozent) trinkt regelmäßig, 2004 war es fast die Hälfte (43,6 Prozent). Erhebungen belegen zudem auf lange Sicht einen Rückgang des Pro-Kopf-Konsums in Deutschland.