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"Gorch Fock"-Prozess Fragen und Misstrauen bleiben

Gestern startete vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster der Prozess zum Tod einer jungen „Gorch Fock“-Kadettin.

14.09.2016, 23:01

Münster (dpa) l Licht in den noch immer rätselhaften Tod der „Gorch Fock“-Kadettin Jenny Böken zu bringen, ist für ihre Eltern ein Kampf David gegen Goliath. In einer Septembernacht vor acht Jahren stürzte die 18-Jährige über Bord des Segelschulschiffes der Bundeswehr und ertrank. Elf Tage später wurde ihre Leiche aus der Nordsee geborgen.

Seither zweifeln ihre Eltern daran, wovon die Staatsanwaltschaft überzeugt ist: Dass der Tod des jungen Frau aus dem nordrhein-westfälischen Geilenkirchen bei Aachen ein tragischer Unfall war. Für Marlis und Uwe Böken tun sich noch immer zu viele Fragen auf: War Jenny gesund genug, um Wachdienst zu schieben? Tragen Dritte Schuld am Tod ihrer Tochter? War die Wetterlage wirklich so ruhig, wie viele Zeugen und nun auch der damalige Kapitän des Schiffes angeben?

Die Bökens fühlen sich im Stich gelassen von den Ermittlern und der Justiz. Zuletzt scheiterte vor dem Oberlandesgericht Schleswig ihr Versuch, den Schiffsarzt zu Verantwortung zu ziehen. Die Eltern werfen ihm vor, dass er die Tochter trotz Unterleibsschmerzen und ihrer Neigung, immer wieder einzuschlafen, nicht vom Wachdienst befreit hatte.

An die Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster am Mittwoch hatten sie sich daher wie an einen Strohhalm geklammert. Und zwar nicht, weil es hier um eine Entschädigung in Höhe von 20 000 Euro geht. „Das ist mir ganz egal“, betont Vater Uwe Böken. Zumindest wittern die Eltern die Chance, Ungereimtheiten der Todesumstände offenzulegen, um die Staatsanwaltschaft doch noch zu Ermittlungen zu bringen.

Doch allzu hohe Erwartungen dämpft der Vorsitzende Richter Hans-Jörg Holtbrügge: In dem Berufungsverfahren gehe es einzig und allein um die Entschädigungsklage der Eltern nach dem Soldatenversorgungsgesetz. Es sieht solche Zahlungen vor, wenn ein Soldat in einem besonders lebensgefährlichen Dienst ums Leben kommt – aber eben nur dann.

Um die Frage, welche besonderen Gefahren es in dieser Nacht für Leib und Leben von Jenny Böken gegeben haben könnte, drehen sich folglich auch die Fragen an die Zeugen. Hatte Jenny über Schmerzen geklagt? Wie waren die Wachposten gesichert? Wie war der Wellengang? Der Anwalt der Bökens will auch Widersprüche der Zeugen offenlegen.