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Internet-Trend Wie ein Youtuber die CDU "zerstört"

Die CDU gerät nach einem Youtube-Video in Erklärungsnot. Wie "Rezo" die etablierten Parteien ärgert.

Von Martin Heddergott 23.05.2019, 13:23

Magdeburg l Der Jugend unterstellt man gerne, dass sie Politikverdrossen sei. Doch seit den „Fridays for Future-Protesten" für mehr Umweltschutz und den Demonstrationen gegen die Urheberrechtsreform dürfte klar sein, dass Jugendlichen bewusst geworden ist, in einer Demokratie zu leben und sich an dieser partizipieren zu können. Ein Beitrag zur demokratischen Debatte hat nun der Youtuber "Rezo" mit einem Video gebracht.

Der 26-Jährige, dessen richtiger Name nicht bekannt ist, hat in Dortmund Informatik studiert. Er produziert regelmäßig Videos auf seinen Youtube-Kanälen. Insgesamt hat er über zwei Millionen Abonnenten. Schon während seines Studiums hat er Videos veröffentlicht. Bisher hat er fast nur Musik- und Comedy-Videos gemacht. Doch in seinem neuesten Video äußert er sich ungewohnt politisch. Es geht um die aktuelle Politik und die bevorstehende Europawahl. Das Besondere dabei ist, dass "Rezo" seine Meinung mit Quellen belegt und somit seine Argumente transparent macht.

Das Video trägt den Titel "Die Zerstörung der CDU" und wurde am 18. Mai veröffentlicht. Bisher stieß der Clip auf große Zustimmung und zählt mittlerweile schon fast fünf Millionen Aufrufe sowie 95.000 Kommentare. Die Community reagierte fast ausschließlich zustimmend. Negative Kommentare sind überschaubar, jedenfalls in seiner Gemeinschaft.

In dem Video heißt es, die CDU zerstöre "unser Leben und unsere Zukunft". "Rezo" wirft der Partei unter anderem vor, beim Klimawandel untätig zu sein, Politik für Reiche zu machen und "krasse Inkompetenz" beim Thema Urheberrecht und Drogenpolitik. Ziemiak räumte ein: "Wir machen nicht alles richtig. Du hast Kritikpunkte benannt, die berechtigt sind. Wir können beim Klimaschutz noch mehr tun, mit besseren Technologien und guten Ideen."

Jetzt fragen sich viele Nutzer, wie die Parteien auf das Video reagieren. Derzeitig haben sich vereinzelt Politiker zum Video geäußert. Der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken antwortete "Rezo" selbst mit einem Video, in dem er auf einige Punkte von "Rezo" eingeht. Andere Politiker äußern sich eher empört. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte in einem NTV-Interview: "Ich habe mich gefragt, warum wir nicht eigentlich auch noch verantwortlich sind für die sieben Plagen, die es damals in Ägypten gab."

Nach ersten abweisenden Reaktionen hat die CDU den Youtuber Rezo zum Meinungsaustausch eingeladen und Teile seiner Kritik als berechtigt bezeichnet. "Lass uns über Deine Kritik an der CDU sprechen, aber bitte höre auch uns zu, wie wir die Dinge sehen", schrieb Generalsekretär Paul Ziemiak am Donnerstag auf Twitter. "Nicht als Show, sondern so, wie die meisten Menschen bei uns: aus Sorge über unsere Zukunft und über Wege, unseren Planeten zukunftsfest zu machen, über Ideen für bessere Lösungen. Lass uns treffen, damit mir miteinander sprechen können." Ob "Rezo" auf das Angebot eingeht, blieb zunächst offen.

In einer offiziellen Stellungsnahme antwortet die CDU: "Auf eine steile These folgt bei uns nicht die hastige Antwort, auf eine kühne Interpretation von Statistiken reagieren wir unsererseits nicht mit vereinfachenden Schlüssen. Antworten zu geben, die über den Tag hinaus tragen, das erfordert Zeit, das erfordert Maß und Mitte." Angefügt ist ein Faktencheck. Letztlich hat Rezo einen wichtigen Beitrag zur politischen Debatte vor der Europawahl gemacht, dabei verkörpert er in gewisser Hinsicht die Anliegen der Jugend.

Ein ursprünglich als Reaktion auf die kritischen Äußerungen des Youtubers geplantes Internet-Video des jungen Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor wollte die CDU nicht veröffentlichen. Darauf hat man sich nach dpa-Informationen in der Parteispitze geeinigt. Amthor sagte am Rande einer Veranstaltung in Rostock, die CDU wolle nicht über Videos mit dem Youtuber kommunizieren, sondern das persönliche Gespräch suchen. Wenn in dem Rezo-Video von "Zerstörung der CDU" die Rede sei, könne man sagen: "Uns geht es nicht darum, jemanden zu zerstören, sondern gute Argumente auszutauschen".