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Kriminalität Polizei will Einbrecher mit App fassen

Die Polizei in Niedersachsen hat eine Verbrechensvorhersage-Software entwickelt, um Banden zu fassen. Erste Tests waren erfolgreich.

30.07.2018, 23:01

Hannover (dpa) l Eine App soll Niedersachsens Polizei künftig helfen, Einbrecherbanden zu fassen. Nachdem regionale Tests erfolgreich verlaufen seien, solle die weitgehend selbst entwickelte Verbrechensvorhersage-Software jetzt schrittweise im ganzen Land eingeführt werden, sagte am Montag ein Sprecher des Innenministeriums in Hannover. Zuerst hatte die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" darüber berichtet.

Die Software mit Namen "Premap" (Predictive Mobile Analytics für Police, zu deutsch: Mobile Vorhersage-Analytik für die Polizei) solle es den Fahndern ermöglichen, Tatorte vorherzusagen, sagte Ministeriumssprecher Hans Gehrmann. Dies sei möglich, weil Einbrecherbanden vielfach nach bestimmten Mustern vorgingen.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) begrüßt das Vorhaben. "Wir begleiten den Test der Software schon längere Zeit", sagte der niedersächsische Landesvorsitzende Matthias Karsch. Die digitale Vorhersage von Einbrüchen war in Niedersachsen seit dem Frühjahr 2017 unter anderem in Salzgitter, Peine und Wolfsburg sowie in Osnabrück und Hannover getestet worden. Dabei erhielten die Beamten auf einem Tablet-Computer Informationen darüber, in welchem Stadtteil und zu welcher Uhrzeit Wohnungseinbrüche besonders wahrscheinlich sind.

"Der Erfahrungsbericht zeigt, dass es Sinn machen würde, das Ganze jetzt niedersachsenweit einzuführen", sagte BDK-Chef Karsch. Man könne die App sowohl nutzen, um überregional agierenden reisenden Banden auf die Spur zu kommen. "Man kann sie aber auch für örtliche Täter verwenden, die in einem Stadtbezirk eine Einbruchserie begehen", sagte Karsch. "Man könnte dann voraussagen, wo das nächste Mal zugeschlagen wird."

Ab wann genau die einzelnen Polizeidienststellen in Niedersachsen mit der Software arbeiten können, stehe noch nicht fest, sagte Ministeriumssprecher Gehrmann. Die Auswertung der bisherigen Testergebnisse sei noch nicht endgültig abgeschlossen.

Niedersachsen ist nicht das einzige Bundesland, das auf Algorithmen setzt, um Tatserien zu erkennen, Einbrüche vorherzusagen und die Polizei rechtzeitig auf die Spur der Täter zu führen. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel ist das Computerprogramm "Skala" im Einsatz. Es benennt regelmäßig Wohn-Quartiere, in denen statistisch gesehen das Einbruchrisiko deutlich erhöht ist. Damit hat die Polizei jüngst in Düsseldorf mutmaßliche Einbrecher auf frischer Tat ertappt.

Auch im bayerischen Mittelfranken und in München ist eine Software im Einsatz, die berechnet, mit welcher Wahrscheinlichkeit Wohnungseinbrecher wann und wo zuschlagen könnten.

In einer wissenschaftlichen Studie in Baden-Württemberg kam das Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht allerdings zu dem Schluss, dass der Versuch, Einbrüche per Computersoftware vorauszusehen, nur bedingt funktioniert. In ländlichen Gebieten, in denen Wohnungseinbrüche seltener als in Großstädten vorkommen, lohne sich der Einsatz des sogenannten Predictive Policing nicht. Die Software sei zwar nicht nutzlos, aber kein Werkzeug, mit dem die Fallzahlen per Mausclick reduziert werden können, erklärten die Forscher. In zwei von drei Städten, in denen das System getestet wurde, waren die Einbruchszahlen allerdings gesunken.

Unabhängig davon kann sich der Bund Deutscher Kriminalbeamter den Einsatz von Verbrechensvorhersage-Software nicht nur im Kampf gegen Einbrecherbanden vorstellen. Möglicherweise könne die App künftig nicht nur gegen Einbrecherbanden, sondern auch gegen reisende Autodiebe oder extremistisch Gewalttäter zum Einsatz kommen, etwa gegen Salafisten und Islamisten.