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Kunst Amtsrichter malt Massenmörder

Michael Fein ist Richter - und Künstler. Der 55-Jährige aus Ingolstadt sorgt mit seinen Porträts von Serienmördern regelmäßig für Aufsehen.

26.04.2019, 23:01

Ingolstadt (dpa) l Ein dunkles Sakko über dem Kapuzenpullover, rotes Halstuch, ergrauter Zopf: Michael Fein erinnert schon auf den ersten Blick an einen Künstler. Seine Gemälde und Arbeiten schmücken das ganze Haus in Ingolstadt. Und Fein malt nicht nur: Jahrelang war der 55-Jährige Mitglied in Coverbands von AC/DC oder Johnny Cash. Noch heute sammelt er Gitarren. Fünf Bücher in den vergangenen fünf Jahren hat er außerdem geschrieben – das nächste erscheint schon im Herbst.

Dabei sind Kunst und Literatur nur seine Freizeitbeschäftigungen, denn Fein arbeitet als Richter im Amtsgericht in Ingolstadt. Ist ihm da langweilig? Oder hat er schlicht zu wenig zu tun? Nein, sagt der Richter in beiden Fällen. Bundesweit bekannt wurde er wegen Serienmörder-Porträts im Pop-Art-Stil – zwölf Männer und zwölf Frauen wie der "Mörder von Remagen", Dieter Zurwehme, die ganz gewöhnlich aussehen. Sie machen aus Feins Sicht deutlich, wie sehr man sich in Sachen Menschenkenntnis oft überschätzt.

Rund vier Jahre hingen die Bilder im Amtsgericht in Ingolstadt, bevor sie nach kritischen Medienberichten abgehängt wurden. "Wenn es da eher Unmut gegeben hätte, hätte ich sie wahrscheinlich früher abgehängt", sagt Fein. Er habe die Bilder ursprünglich als unproblematische Farbtupfer für die kahlen Gerichtswände gesehen.

Kunstwerke, Filme und andere Darstellungen von Serienmördern gruseln und begeistern viele Zuschauer. "Die Faszination ist sicherlich auch darin begründet, dass viele Menschen erstmal keinen Unterschied sehen zwischen einem Serienmörder, der zum Beispiel vorgeführt wird in einem Gerichtssaal, und normalen anderen Menschen, die solche Taten nicht begehen", erklärt Professor Kolja Schiltz, Leiter der Abteilung für forensische Psychiatrie der Universitätsklinik München. Die Motivation, die hinter dieser Art der Morde liegt, werde weit ab von der Normalität vermutet. Es gebe aber kein Merkmal, dass alle Serienmörder von "normalen" Menschen unterscheide, sagt er.

Die Ausstellung von Serienmörder-Porträts ist für Schlitz nicht unproblematisch: "Ich sehe das insofern kritisch, als dass man aufpassen muss, dass die Darstellung ohne differenzierte Auseinandersetzung nicht zu einer Verherrlichung führt. Darauf muss man schon achten", sagt er.

Obwohl die Serienmörder-Porträts mittlerweile bei Fein zu Hause stehen – einige wurden sogar schon verkauft -, hängen weiterhin Bilder von ihm in Gerichtsgebäuden. Vor allem Stadtansichten von Ingolstadt schmücken zum Beispiel das dortige Landgericht.

Für seine künstlerische Arbeit benutzt Fein den Künstlernamen Michael von Benkel, angelehnt an den Mädchennamen seiner Mutter. "Ich bin nicht der Künstler in der Arbeit oder der Jurist in der Kunst. Das ist eigentlich die Kehrseite derselben Medaille", sagt er. "Der einzige Unterschied ist natürlich, dass ich mir in meinem Beruf nichts ausdenken darf."