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Messerattacke Täter litt unter Verfolgungswahn

Ein Angreifer in München hat mehrere Menschen mit einem Messer verletzt. Der 33-Jährige litt wohl unter Verfolgungswahn.

22.10.2017, 23:01

München (dpa) l Die ersten Notrufe gingen am Sonnabendmorgen ein: Ein Mann mit einem Messer hatte in München plötzlich an verschiedenen Orten acht Menschen angegriffen und verletzt. Die Polizei rief die Anwohner über den Kurznachrichtendienst Twitter auf, in den Häusern zu bleiben und die Umgebung zu meiden. Nach gut drei Stunden konnte München aufatmen: Zivile Fahnder nahmen den mutmaßlichen Täter fest.

Wieder via Twitter gaben die Beamten Entwarnung: „Es besteht keine Gefahr mehr.“ Der dringend Tatverdächtige ist ein 33 Jahre alter Deutscher, der in München gemeldet ist. Er schweigt zunächst, dann macht er wirre Angaben. Der Mann leidet wohl unter Verfolgungswahn, wie der Leiter der Münchner Mordkommission, Josef Wimmer, am Sonntag sagte. Der Mann habe sich seiner Aussage zufolge von einer Familie verfolgt und bedroht gefühlt – ohne Details nennen zu können.

Er wird in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht, entschied am Sonntag das Gericht. Nach Angaben der Polizei gibt es keine Hinweise auf ein terroristisches oder religiöses Tatmotiv.

Der Vorfall ruft Erinnerungen an den Amoklauf vom Juli 2016 wach, bei dem ein 18-Jähriger in München neun Menschen und dann sich selbst erschoss. Damals war München in eine regelrechte Schockstarre gefallen, die Straßen waren fast menschenleer.Auch dieses Mal blieben viele Menschen vorsichtshalber zuhause, aber auf den Straßen herrschte das gewohnte Bild: Der Verkehr verlief reibungslos, die Geschäfte blieben geöffnet.

„Was für uns auch von großer Bedeutung war, das war die besonnene und überlegte Reaktion der Münchner“, sagte Polizeipräsident Hubertus Andrä nach dem Erfolg seiner Beamten. Die Besonnenheit dürfte auch daran gelegen haben, dass es keinen Toten gegeben hat, nicht einmal Schwerverletzte. Alle Opfer – sechs Männer, ein zwölfjähriger Junge und eine Frau – kommen mit leichten Verletzungen davon. Die Männer werden wegen Schnittverletzungen ambulant behandelt, die Frau nach einem Faustschlag, auch das Kind hat der Täter geschlagen.

Die Fahndung der Polizei wurde dadurch erleichtert, dass es eine gute Täterbeschreibung gibt. Die Beamten suchten einen Mann um die 40 mit schwarzer Hose, grüner Trainingsjacke, einem Rucksack mit Isomatte und wahrscheinlich einem schwarzen Fahrrad. In der Nähe der Ottobrunner Straße klickten die Handschellen bei einem 33-Jährigen – der Verdächtige ist jünger als erwartet.

Der Mann sei in der Vergangenheit schon mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten – wegen gefährlicher Körperverletzung, Diebstahl und Drogendelikten, berichteten die Beamten. Alle Angegriffenen seien Zufallsopfer gewesen. Einige griff der Täter unvermittelt an, andere sprach er zunächst an, bevor er sie attackierte. Bei den männlichen Opfern handelt es sich nach Angaben der Polizei um fünf Deutsche, einen Rumänen und einen Italiener, die attackierte Frau sei eine Deutsche. In der Vernehmung gab der Tatverdächtige an, die Geräusche eines Polizeihubschraubers hätten ihn von weiteren Angriffen abgehalten.

Weniger glimpflich verlief eine Messerattacke im Nachbarland Polen. Ein 27-Jähriger hatte am Freitag wahllos mit einem Messer auf Kunden eines Einkaufszentrums in der südostpolnischen Stadt Stalowa Wola eingestochen.

Insgesamt wurden mindestens zehn Menschen verletzt, eine 51-jährige Frau starb trotz Rettungsversuchen an den Verletzungen. Ein Opfer schwebte Behördenangaben zufolge am Sonntag weiter in Lebensgefahr. Der Zustand der weiteren Verletzen besserte sich.

Der festgenommene Pole hat die Tat inzwischen eingeräumt. Zuvor soll er sich in psychiatrischer Behandlung befunden haben. Sein Handeln könne er nicht erklären, meldete die Agentur PAP am Wochenende unter Berufung auf die polnische Staatsanwaltschaft. Den Angaben der Ermittler zufolge könnte aber Frust über persönliche Misserfolge den jungen Mann zur Tat bewogen haben.