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Monitor Smartphone beherrscht die Freizeit

Nach dem neuen Freizeit-Monitor haben Bundesbürger weniger Zeit für sich und andere, dafür aber viel Freizeitstress. Aber wollen sie das so?

05.09.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Soziale Medien versus soziales Leben: Bei den liebsten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen sind Medien die eindeutigen Gewinner der vergangenen fünf Jahre. Sieben bis neun von zehn Aktivitäten in der Freizeit seien heute von Fernsehen, Radio hören, Telefonieren oder Smartphone-Nutzung geprägt, heißt es in der repräsentativen Studie Freizeit-Monitor, die gestern vorgestellt wurde. Auf der Strecke blieben immer häufiger echte Sozialkontakte – von Besuchen bei Oma, Treffen mit Freunden bis hin zum Plausch mit den Nachbarn. Dazu kommt ein Springen von einem Freizeitereignis zum nächsten. Pro Woche sind es heute im Schnitt 23 – vor 20 Jahren waren es erst 12.

Diese Rastlosigkeit zeigt sich schon länger. „Ich hatte die Hoffnung, dass sich das dreht“, sagt Ulrich Reinhardt, wissenschaftlicher Leiter der Untersuchung. Denn glücklich seien viele Bundesbürger mit dieser Entwicklung nicht. Viele wünschten sich in ihren rund 2500 Mußestunden im Jahr mehr Zeit für sich und für andere – vom Partner über die Familie bis hin zu Freunden und Nachbarn. Zwischenmenschliche Beziehungen seien wie sozialer Kitt, der das Land zusammenhalte, betont Reinhardt. „Wir müssen aufpassen.“

Der Freizeit-Monitor wird regelmäßig von der Stiftung für Zukunftsfragen erhoben. Dahinter steht das Tabakunternehmen British American Tobacco. Seit mehr als 20 Jahren führt das Fernsehen diese Hitliste an. Im Vergleich zu 2013 gibt es aber deutliche Verschiebungen in anderen Bereichen. Eine Auswahl der Hauptergebnisse:

GEWINNER: Das sind unangefochten die neuen Medien. Rund die Hälfte der Interviewten nutzt in Mußestunden ein Smartphone – ohne zu telefonieren. Das sind rund 20 Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren. Drei Viertel der Befragten sind in ihrer Freizeit regelmäßig im Internet unterwegs, 2013 war es rund die Hälfte.

VERLIERER: Pech fürs Buch: Weniger als ein Drittel der Bundesbürger liest noch regelmäßig darin. Vor fünf Jahren war es noch mehr als ein Drittel. Genau in dieser Größenordnung hat auch Gartenarbeit an Reiz verloren. Zeitaufwendigere Hobbys wie Musizieren oder Malen büßten ebenfalls spürbar an Attraktivität ein.

SOZIALKONTAKTE: Nur noch ein gutes Viertel der Bundesbürger spielt regelmäßig mit Kindern. 2013 war es fast ein Drittel. Auch Großeltern und Enkel sehen sich seltener. Nachbarschaftshilfe ebbt ab. Stark ging auch die Gepflogenheit zurück, sich mit Freunden zu Hause zu treffen. „Typisch ist heute, dass Freunde skypen und sagen, dass sie sich dringend mal wieder treffen müssten“, sagt Forscher Reinhardt. „Aber sie tun es dann doch nicht.“ Grund für weniger Zeit sei aber selten Desinteresse – es gebe eher zu viele andere Reize.

TRENDS: Konjunktur hat aus Sicht Reinhardts das sogenannte Freizeit-Hopping, getrieben von der Sorge, etwas zu verpassen oder sich zu langweilen. „Muße und Ruhe weichen immer deutlicher einem Freizeitstress“, bilanziert er. So dauerten Freizeit-Aktivitäten im Schnitt kaum noch länger als zwei Stunden.

SEHNSÜCHTE: Sie klingen wie eine Gegenbewegung zum Freizeitstress. Rund die Hälfte der Befragten würde lieber mal faulenzen. 63 Prozent würden gern spontan das tun, wozu sie gerade Lust haben. Rund die Hälfte vermisst Zeit mit dem Partner und Kontakt mit Freunden. „Für mich klingt das so, als ob viele Menschen mit Blick auf ihre Freizeit deprimiert sind“, sagt Forscher Reinhardt. „Es liegt aber an jedem selbst, etwas zu verändern.“