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Partnerbörse Papagei, männlich, sucht ...

Singlebörsen boomen - nicht nur beim Menschen: Ein Tierheim in Berlin hilft bei der Vermittlung.

13.03.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Rocco fühlte sich allein. Die Einsamkeit machte den Graupapageien aggressiv: „Immer wieder ist er auf meinen Mann losgegangen“, sagt Kerstin Frommke. Die 54-jährige Nageldesignerin aus Leegebruch (Brandenburg) adoptierte Rocco 2006 von einer Kundin – als Küken und „Einzelkind“, wie sie sagt. Jahrelang suchte sie nach einer Partnerin für den Papageien, ehe sich im Berliner Tierheim eine passende Dame fand.

Tierärzte warnen davor, Papageien allein zu halten. Sie brauchen einen Partner, denn die Vögel sind Schwarmtiere. Der mittlerweile elfjährige Rocco ist keine Ausnahme. Schon früh machte sich Frommke auf die Suche nach einer Gespielin für das Tier. Doch mehrere Vermittlungsversuche von einem Vogelzüchter schlugen fehl. Denn: Rocco versuchte, die potenziellen Partnerinnen zu verjagen. „Das war ganz schön dramatisch“, erzählt Frommke. Rocco habe sogar versucht, den Käfig der Weibchen zu öffnen, um sie zu attackieren. Der Grund: „Papageien sind da wie Menschen, die nehmen nicht jeden“, sagt Frommke.

Dann sah sie einen Bericht über Graupapageien im Tierheim Berlin, rief an – und durfte vorbeikommen. „Als mir die Pfleger sagten, dass ich Rocco dalassen sollte, dachte ich: Nein, das geht nicht“, sagt Frommke – zumal sie ihn erstmal nicht besuchen durfte.

Doch Rocco zur Brautschau im Tierheim zu lassen, sei die einzige Möglichkeit, erklärte man ihr. Schlecht ist es ihm nicht ergangen: Er scharte einen regelrechten Harem von 20 Graupapageien-Damen um sich. „Wir pflegen die Tiere, lassen sie Artgenossen beschnuppern und schauen, wie es passt“, sagt Kerstin Butenhoff, Sprecherin des Tierheims.

Rocco ist nicht der Einzige, der zur Partnersuche ins Tierheim kommt: Im vergangenen Jahr nahm man dort einen Graupapageien auf, 2015 waren es mit Rocco fünf.

Derzeit ist ein Papagei aus Mecklenburg-Vorpommern zu Gast in der „Partnerbörse“, wie es Butenhoff nennt. Sie wünscht sich, dass sich mehr Vogelhalter im Tierheim melden.

Die Singlebörse „verpartnert“ aber auch Katzen, Meerschweinchen und Ratten. „Bei fast allen Tierarten kommt es auf die Chemie an“, erklärt die Tierheim-Sprecherin. „Meist lassen wir uns vom Halter den Charakter des Tieres beschreiben.“

Die Gewöhnung im Käfig ist dann meist etwas kritisch. Ist ein potenzieller Meerschweinchen- oder Ratten-Partner gefunden, solle man das neue Tier erst einmal in einen separaten Käfig in Sichtweite zu den „Platzhirschen“ setzen, sagt Butenhoff.

Papageien sind die einzigen, die länger bleiben, um sich kennenzulernen. Sie sind wählerisch und brauchen viel Zeit zur Partnersuche – mitunter bis zu einem Jahr. Rocco war schneller: Schon nach einigen Tagen funkte es zwischen ihm und der Papageiendame Rosa.

Die durfte aber noch nicht gleich mit nach Hause: „Sie war zu jung und noch nicht geschlechtsreif“, sagt Frommke. Doch die beiden hatten sich bereits verliebt, deswegen machten die Pfleger eine Ausnahme. Nach zehn Wochen durfte das Paar nach Hause.

Dort hatten Frommkes in der Zwischenzeit umgebaut: Der Mann opferte sein Billardzimmer, damit Rocco und Rosa eine geräumige Innen-Voliere haben. In einem großen Käfig im Garten fühlten sich die beiden Papageien sofort wohl. Rocco ist jetzt entspannter. Zusammen mit Rosa pfeift er gern den Gefangenenchor aus der Oper „Nabucco“ oder die Titelmelodie von „Kill Bill“.

Doch Rosa kann eifersüchtig werden: Wenn sich Rocco einmal zu eng an seine Halterin anschmiege, bekäme er eins mit dem Schnabel verpasst, erzählt Frommke. „Rosa hat definitiv die Hosen an“, sagt sie.