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Pferde Ausritt in die Geschichte

Die Geschichte von Pferd und Mensch - ein kleiner Ausritt.

Von Bernd Kaufholz 05.03.2020, 00:01

Magdeburg l „Der Reiter erscheint auf dem Schauplatz der Geschichte sozusagen als eine neue Menschenrasse von gewaltiger Überlegenheit: Mit einer Scheitelhöhe von über zwei Metern und einer Bewegungsgeschwindigkeit, welche die des Fußgängers um ein Mehrfaches übertrifft.“ So beschreibt Alexander Rüstow (1885–1963), Sozialwissenschaftler und Ökonom, wie die ersten Reiter auf ihre Umwelt gewirkt haben müssen.

Wann und wo Menschen damit begannen, sich auf dem Rücken eines Pferdes fortzubewegen, ist wissenschaftlich umstritten. Der älteste Beweis für das Reiten – eine Ritzzeichnung – stammt aus dem Orient und wird auf das Jahr 2800 v. Ch. datiert. Einige Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass bereits um 3500 v. Ch. Menschen Pferde zum Reiten nutzten.

Wirklich bedeutsam wurde das Reiten um 800 v. Ch.: Zu diesem Zeitpunkt begannen die Völker der europäisch-asiatischen Steppe, Pferde als Fortbewegungsmittel im Krieg einzusetzen. Diese frühen Reitervölker – allesamt Nomaden – züchteten Pferde und bildeten kampfbereite Reitertruppen. Die reitenden Krieger waren viel beweglicher als Streitwagen-Krieger und diesen deshalb überlegen.

In den folgenden Jahrhunderten bewegten sich im europäischen und asiatischen Raum die Reitervölker – zum Beispiel Skythen, Goten und Assyrer – kriegerisch hin und her.

Die Idee, das Pferd gezielt zum Reiten auszubilden, entwickelte sich allerdings erst in der griechischen Antike: Der Reiterführer Xenophon, Sohn einer wohlhabenden athenischen Familie, schuf um etwa 370 vor Christus die vollständig erhaltene Reitvorschrift „Peri hippikes“ („Über die Reitkunst“). Ihre ethischen Leitlinien sind noch immer gültig – und das, obwohl sich Xenophons Werk auf die Ausbildung von Kriegspferden bezieht.

Beispielsweise ist es Xenophon wichtig, dass Harmonie zwischen Reiter und Pferd herrscht, welches er als Individuum ansieht. Denn: „Was unter Zwang erreicht wurde, wurde ohne Verständnis erreicht (…).“

Neben dem Krieg begann das Reiten auch im sportlichen Wettkampf eine Rolle zu spielen: So gab es bei den 71. Olympischen Spielen (496 vor Christus) der Antike ein Wettrennen auf Stuten. Auch im Römischen Reich war der Einsatz von Pferden bei den Spielen zur Belustigung des Volkes beliebt. Ein Gemälde zeigt beispielsweise Wagenrennen bei den Olympischen Spielen der Antike.

Bei den Germanen – deren Hochzeit von etwa 100 vor bis 500 nach Christus datiert – galten Pferde als heilige Wesen.

Im frühen Mittelalter standen sich dann zwei verschiedene Arten des Reitens gegenüber: die leichte Reiterei der Reitervölker sowie die schwere Panzer-Reiterei. Deren Ursprung ist in der Regierungszeit des Frankenkönigs Karls des Großen (768–814) anzusiedeln, der Reiter in gepanzerter Montur im Krieg einsetzte. Diese Krieger wurden als Ritter bezeichnet.

Erst im 16. Jahrhundert entwickelte sich die Form des Reitens weiter, wie sie Xenophon propagiert hatte: die Reitkunst. Ausgangspunkt war Neapel, wo sich viele Kunstreiter niedergelassen hatten. Von dort breitete sich die schulmäßige Reitkunst über ganz Italien aus. Es wurden Akademien gegründet, und die Reitkunst bekam einen festen Platz in der Ausbildung adeliger junger Männer.

Eine Wende in der Reitkunst brachte das 18. Jahrhundert mit sich: Die rohen Methoden im Umgang mit den Pferden wurden endgültig verworfen.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts zeigte sich, dass die Reitkunst zu Repräsentationszwecken am Hof keine Zukunft mehr hatte, sondern sich das Reiten an den Bedürfnissen des Militärs orientieren musste.

So wurde der Reitkunst im 19. Jahrhundert ein wenig von ihrer Kunst genommen: Das Militär verlangte vielseitige, geländetaugliche Pferde.

Die entscheidenden Impulse zur Weiterentwicklung des Reitens in Richtung des modernen Pferdesports kamen Ende des 19. Jahrhunderts aus England und Irland, wo sich das Bürgertum mehr und mehr für Fuchsjagden und Pferderennen interessierte.

In Deutschland entwickelte sich der Turniersport ab dem Jahr 1895, als die „Bayerische Campagne-Reiter-Gesellschaft“ ihren ersten Wettkampf veranstaltete. Zwei Jahre später wurde in Berlin der „Deutsche Sportverein“ gegründet.

Der Pferde-Turniersport, wie man ihn heute kennt, entstand, als das Reiten Disziplin bei den Olympischen Spielen der Moderne wurde: 1912 gab es die ersten olympischen Reiter-Wettbewerbe – Dressur, Jagdspringen und Military (heute: Vielseitigkeit).

Angeregt durch den Turniersport wurde das Reiten nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland auch als Freizeitvergnügen beliebt.