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Pokemon Go Irre Monsterjagd mit Tücken

„Pokémon Go“ sorgt für Wirbel in der digitalen Welt. Die virtuelle Schnitzeljagd ist allerdings nicht ohne Risiko.

17.07.2016, 05:30

Berlin (dpa/AFP) l Ganz ehrlich: Die Bäckerei an der Ecke war schon immer verdächtig. Durch „Pokémon Go“ ist nun klar, warum. Der Familienbetrieb in Berlin-Kreuzberg ist nämlich in Wirklichkeit eine Pokémon-Arena. Hier kämpfen kleine digitale Monster mit Feuer, Blitz, Wasser und Krallen für den Ruhm ihrer Trainer. Wer allerdings keine „Pokémon Go“-App auf seinem Smartphone installiert hat, bekommt davon rein gar nichts mit.

„Pokémon Go“ ist der jüngste Digital-Hype. Seit dem Start am 6. Juli in den USA und weiteren Ländern verbreitet sich das Spiel explosionsartig. „Pokémon Go“ verbindet kleine niedliche Monster, Smartphones, GPS und Karten zu einer virtuellen Monsterjagd mit Duellen und Rollenspiel-Elementen. Seit Mittwoch ist die Android-Version in Deutschland verfügbar.

Das Besondere: Man muss sich tatsächlich bewegen, um Orte im Spiel zu erreichen. Über die reale Welt wird eine virtuelle Welt gestülpt. Nur Spieler können sie sehen, alle anderen sehen nur auf das Smartphone starrende Passanten.

Teilweise nimmt die Monsterjagd absurde Züge an. US-Polizeibehörden warnen vor Hausfriedensbruch, das Washingtoner Holocaustmuseum bittet Besucher um eine Pokémon-Auszeit in der Ausstellung.

Häufig kommt es zu Beinahe-Unfällen im Straßenverkehr: Im australischen Sydney mussten zwei 17-Jährige eine Strafe zahlen, weil sie das Spiel am Steuer ihres Autos spielten. Zuvor konnte im Bundesstaat Western Australia ein Polizeiauto nur knapp einem Mädchen ausweichen, das auf sein Handydisplay starrte.

In Deutschland gab es ebenfalls Zwischenfälle: „Pokémon Go“-Spieler lösten in Kiel einen Polizeieinsatz aus. 20 bis 30 Jugendliche mit Smartphones blockierten den Eingang, bis die Polizei einen Platzverweis aussprach und die Gruppe spielend weiterzog.

Der SPD-Verkehrsexperte Martin Burkert warnte in der „Passauer Neuen Presse“ vom Freitag vor „größten Gefahren“ für Spieler, die mit dem Smartphone in der Hand über die Straße gingen, ohne sich umzusehen. Er teile Befürchtungen von ADAC und Polizeigewerkschaft, die vor Smartphone-bedingten Unfällen warnen.

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, Dorothee Bär (CSU), mahnte dagegen „Unaufgeregtheit“ an. „Wenn Jugendliche gegen Laternenmasten laufen, weil sie Fantasiewesen in einem Spiel auf dem Smartphone jagen, dann ist nicht das Spiel schlecht, sondern der Jugendliche ein schlechter Spieler“, sagte Bär. Am Steuer sei das Handy „in Deutschland ohnehin verboten“.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), warnte vor Suchtgefahren. „Wir müssen neben den faszinierenden Seiten der Spielewelt auch die Abgründe erkennen“, sagte Mortler der „Passauer Neuen Presse“. Sie befürchte eine Falle, durch die mehr Jugendliche den Kontakt zur Realität verlieren.

Schon jetzt kämen laut Studien hunderttausende junge Menschen von Internetspielen nicht mehr los. „Im schlimmsten Fall verlieren sie den Kontakt zur Realität“, warnte die Drogenbeauftragte. Avatare und Pokémon würden wichtiger als echte Sozialkontakte, Ausbildung und Beruf.