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Sexuelle Belästigung Tiefer Fall eines Hollywood-Moguls

Mit Harvey Weinstein verliert ein Mann der Hollywood-Elite über Nacht Macht und Ansehen. Sexuelle Belästigung brachte ihn zu Fall.

09.10.2017, 23:01

Los Angeles/New York (dpa) l Einer der mächtigsten Filmbosse in Hollywood ist über seinen Umgang mit Frauen gestürzt. Harvey Weinstein, die treibende Kraft der Weinstein Company (TWC), ist vom eigenen Studio entlassen worden. Nachforschungen der „New York Times“ hatten ergeben, dass der einflussreiche Produzent jahrzehntelang junge Talente und Mitarbeiterinnen sexuell belästigt und mit Abfindungen zum Schweigen gebracht haben soll. Ob der 65-Jährige – wie Roman Polanski und Bill Cosby vor ihm – auch von der Justiz zur Rechenschaft gezogen wird, bleibt abzuwarten.

Nach den Enthüllungen der „New York Times“, die wie eine Bombe einschlugen, sind inzwischen fünf der neun Mitglieder des Weinstein-Aufsichtsrats, der nur aus Männern besteht, zurückgetreten. Noch an Bord sind Harveys Bruder Bob Weinstein, Lance Maerov, Richard Koenigsberg und Tarak Ben Ammar. Was mit den Anteilen geschieht, die Harvey Weinstein an seiner Firma hält, war zunächst unklar.

Noch am Freitag hatte Weinstein Company erklärt, eine interne Untersuchung eingeleitet zu haben: „Die nächsten Schritte werden von dem therapeutischen Fortschritt Harveys und von dem Ergebnis der unabhängigen Untersuchung des Verwaltungsrates abhängen.“

Der ältere Weinstein-Bruder Harvey hatte mit seinem Bruder Bob 1979 das Studio Miramax gegründet. 1993 veräußerten sie das Unternehmen an Walt Disney Co., führten es aber aktiv weiter. Miramax gelang, was laut „Los Angeles Times“ kein anderes Studio in Hollywood schaffte: Es heimste in nur 15 Jahren 249 Oscar-Nominierungen und 60 Oscar-Trophäen ein. Harvey Weinstein „war der Mann, der kaum bekannte Indie-Film-Regisseure zu Rockstars machte“, schrieb die „LA Times“ weiter.

Der Skandal um den Oscar-Preisträger und Oscar-Promoter von Filmen wie „Pulp Fiction“, „Shakespeare in Love“ und „The King‘s Speech“ trifft Hollywood wie ein Schlag. Kein Kollege kam ihm bisher zu Hilfe. Stars wie Matt Damon, Judi Dench und Gwyneth Paltrow, die Weinstein oft und überschwänglich für ihre Karriere gedankt hatten, blieben stumm.

Derweil erklärten sich Feministinnen und Frauen mit Hollywood-Kenntnissen in den sozialen Medien erleichtert. „Für mich ist der Wendepunkt gekommen“, schrieb die Produzentin der HBO-Fernsehserie „Girls“, Jenni Konner, über Twitter. „Dies ist der Moment, auf den wir zurückblicken und sagen werden: „So hat der Wandel begonnen.““ Weinsteins Rauswurf werde „jedem Mann in Hollywood Angst machen, seine Macht anders als für Film- und TV-Produktionen einzusetzen“.

Ein früherer Kolumnist der „LA Times“, Patrick Goldstein, beschrieb Weinstein 2007 wie folgt: „Ein verrückter, speichelspuckender und kettenrauchender Gauner, der Beleidigungen brüllt, Arme verrenkt und schamlos jeden Film anpreist, der gerade ins Kino kommt.“