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Stadtfest Politik verurteilt Hetzjagden in Chemnitz

Ein Mann wird am Rande des Stadtfestes in Chemnitz niedergestochen, rechte Gruppierungen rufen zu Protesten auf.

27.08.2018, 06:04

Chemnitz (dpa) l Nach den Attacken gegen Ausländer wegen des gewaltsamen Todes eines Mannes am Rande eines Stadtfestes in Chemnitz haben Politiker die Eskalation scharf verurteilt. "In Deutschland ist kein Platz für Selbstjustiz, für Gruppen, die auf den Straßen Hass verbreiten wollen, für Intoleranz und für Extremismus", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

"Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft, oder der Versuch, Hass auf den Straßen zu verbreiten, das nehmen wir nicht hin, das hat bei uns in unseren Städten keinen Platz, und das kann ich für die Bundesregierung sagen, dass wir das auf das Schärfste verurteilen", betonte Seibert.

In Chemnitz war am Wochenende bei einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Besuchern des Stadtfestes ein 35 Jahre alter Deutscher niedergestochen worden und später gestorben. Danach marschierten am Sonntag Anhänger rechter Gruppierungen auf. Rund 1000 Menschen folgten dem Aufruf einer rechten Ultra-Gruppierung aus dem Umfeld des Fußball-Regionaligisten Chemnitzer FC.

Auf Videos ist zu sehen, wie Ausländer und auch Polizisten aus der Menge heraus attackiert wurden. Zu hören sind Rufe wie "Wir sind das Volk", aber auch rechte Parolen wie "Deutsch, sozial, national". Wegen Sicherheitsbedenken war zuvor das Stadtfest abgebrochen worden.

Ein Haftrichter erließ am Montag auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehle gegen einen 23-jährigen Syrer und einen 22 Jahre alten Iraker wegen gemeinschaftlichen Totschlags. Sie sollen nach dem Streit mehrfach ohne erkennbaren Grund auf das Opfer eingestochen haben.

Für den Montagnachmittag und den Abend waren erneut zwei Demonstrationen in Chemnitz geplant – eine von Rechts und eine Gegendemonstration von Links.

Der sächsische Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) verurteilte Hetze und Selbstjustiz. "Es ist widerlich, wie Rechtsextreme im Netz Stimmung machen und zur Gewalt aufrufen. Wir lassen nicht zu, dass das Bild unseres Landes durch Chaoten beschädigt wird", sagte er in Dresden der Deutschen Presse-Agentur.

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) mahnte, die Ermittlungen der Polizei zum gewaltsamen Tod des 35-Jährigen abzuwarten. "Wir haben Spekulationen, wir haben Mutmaßungen, wir haben Falschmeldungen und regelrechte Lügen im Netz." Auch das sei nicht akzeptabel. Der SPD-Ostbeauftragte, Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD), kritisierte: "Selbstjustiz, Mutmaßungen und Gerüchtemacherei sind nach der tödlichen Messerattacke fehl am Platz."

Auch die AfD distanzierte sich von der Gewalt. Sie hatte am Sonntag ebenfalls eine Demonstration in Chemnitz veranstaltet. Diese habe "nichts, aber auch gar nichts, mit den anschließend stattgefundenen Jagdszenen in der Stadt zu tun" gehabt, erklärte der sächsische Parteichef Jörg Urban.

Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) hat nach eigenen Angaben in Chemnitz zuletzt immer wieder Auseinandersetzungen zwischen gewaltbereiten Rechtsextremisten und Personen mit Migrationshintergrund registriert.

"Besonders aktiv und auch am aktuellen Demo-Geschehen beteiligt ist die rechtsextremistische Hooligangruppierung Kaotic aus dem Umfeld des Chemnitzer FC, die ebenfalls wie die gleichfalls rechtsextremistische Gruppierung NS-Boys ("New Society Boys") mit ihren Aktivitäten zum Anziehungspunkt für Angehörige von neonationalsozialistischen Strukturen und subkulturellen Gruppierungen geworden ist", sagte ein Sprecher der Behörde der dpa. Man habe wiederholt auf die Gefahr aufmerksam gemacht, die von diesem Personenkreis ausgehe.