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Tiere Balz um die Schubkarre

In Liebesangelegenheiten treffen Tiere nicht immer die klügsten Entscheidungen. Schuld sind oft Hormone.

Von Gudrun Janicke 17.06.2016, 23:01

Eberswalde (dpa) l Die Balz der Pfauen ist hart. Mit ihren schillernden Federn soll Eindruck beim weiblichen Geschlecht gemacht werden. Fehlen willige Hennen, legen die frei laufenden Männchen etwa im Cottbuser Tierpark auch mal direkt vor Besuchern los und zeigen ihre Liebeslaune. „Die Vögel werden aber nicht aggressiv, lassen sich gern fotografieren“, sagt Tierinspektor Mario Wolff.

Doch manche Männchen werden von Pfauenweibchen verschmäht und bleiben Single. Was dann? Sie gucken sich eben woanders um. „Bei uns wird regelmäßig eine Schubkarre angebalzt“, erzählt etwa der Eberswalder Zoodirektor Bernd Hensch.

„In der warmen Jahreszeit dreht es sich in der Tierwelt vor allem um Partnerschaft und Aufzucht der Nachkommen“, sagt die Geschäftsführerin des Nabu Brandenburg, Christiane Schröder. Viele Tiere geraten dabei schnell in Stress. Zum Beispiel wenn ein Partner stirbt und noch kein neuer in Sicht ist. Manche verlieren dann auch ihre eigentlich angeborene Scheu vor dem Menschen.

Im brandenburgischen Dörfchen Glambeck hat wiederum kürzlich ein liebeshungriger Storch sich selbst als Rivalen gesehen. Mit Schnabelhieben attackierte der Single-Storch sein eigenes Spiegelbild in Fensterscheiben oder im Autolack. Er hatte nach einem verlorenen Kampf um ein Nest nicht aufgegeben und machte im Dorf immer wieder ordentlich Lärm. Damit konnte er schließlich den anderen Storch aus dem Horst vertreiben – und das verlassene Weibchen machte sich gleich an den Wüterich heran.

Gefühlsverwirrungen in der Tierwelt machen immer wieder Schlagzeilen. In Münster verliebte sich vor Jahren der weibliche Trauerschwan Petra in ein Tretboot, ein Artgenosse turtelte jahrelang mit einem kleinen blauen Trecker im Münsterland. Später bändelte er mit einer Gans an. In Westengland sorgte vor Jahren Pfau Casanova für Schmunzeln. Er verliebte sich in eine Zapfsäule. Auch seine beiden Brüder hatten wenig für die eigene Art übrig: der eine stieg einer Katze nach, der andere liebte leidenschaftlich eine Gartenlaterne.

In Neuruppin musste sich kürzlich ein 73-Jähriger dem Angriff einer liebestollen Dogge erwehren: Sie hatte die Witterung seiner läufigen Boxerhündin aufgenommen. Erst dem Besitzer gelang es, seine Dogge zurückzupfeifen. „Der offenbar erfahrene Deckrüde hatte es auf die Hündin abgesehen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Verbandes für das deutsche Hundewesen, Leif Kopernik. „Der Halter musste dazu aus dem Weg geräumt werden.“

Langsam beginnt auch bei Waldtieren wie Rehen die Brautschau: mit Risiken für Mensch und Tier. Dann geraten die Hormone der Böcke in Wallung. Ohne Rücksicht auf das eigene Leben nehmen sie die Witterung der Weibchen auf – und sterben bei zahlreichen Wildunfällen.

„Was sollen die Männchen machen, wenn Weibchen fehlen oder sie verschmäht werden?“, fragt Zoodirektor Hensch. In einem der Gehege seines Zoos leben Nandus – große flugunfähige Vögel aus Südamerika – und Lamas meist einträchtig miteinander. Nur zur Balzzeit gibt es zwischen beiden Arten einen Wettbewerb: die Hähne rennen mit den Hengsten über das Gelände um die Wette. „Sie wollen damit den Weibchen imponieren“, sagt er. Seine langjährige Erfahrung: Die Schnellsten haben die besten Chancen beim weiblichen Geschlecht.