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Tierseuche Elektrozaun gegen die Schweinepest

Mit Ausbrüchen in Tschechien, Polen und Belgien steht die Afrikanische Schweinepest vor der Haustür. Das Risiko der Einschleppung ist hoch.

27.12.2018, 11:29

Greifswald-Riems/Berlin (dpa) l Trotz der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest nach Westeuropa ist Deutschland bislang von der Seuche verschont geblieben. Mit dem Nachweis der Erreger in Belgien bestehe aber ein zusätzliches Einschleppungsrisiko durch wandernde Wildschweine, sagte der Vizepräsident des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit(FLI), Franz Conraths. Der Ausbruchsherd in Belgien, wo bislang 135 tote Wildschweine mit dem Erreger entdeckt wurden, liegt nur rund 60 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt – im Gegensatz zu den Seuchenfunden in Polen und Tschechien mit einer Entfernung von 300 beziehungsweise 400 Kilometer zur deutschen Grenze. "Hauptrisikofaktor für die Ausbreitung bleibt aber – über die Verfütterung oder Entsorgung von kontaminierten Speiseresten – der Mensch", betonte Conraths.

Wegen der drohenden Einschleppung der Seuche nahmen die Jäger die Wildschweine in der abgelaufenen Jagdsaison besonders stark ins Visier. In der Saison 2017/2018 wurden nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes 836 865 Wildschweine erlegt und damit 42 Prozent mehr als im Vorjahr. Dies sei das höchste jemals erzielte Ergebnis. "Die Jäger haben einen erheblichen Teil zur Prävention der Afrikanischen Schweinepest beigetragen", sagte der DJV-Vizepräsident Wolfgang Bethe. Der Verband forderte, das Übertragungsrisiko an Bahnhöfen, Parkplätzen und Grenzübergängen zu verringern, beispielsweise durch verschließbare Abfallbehälter an Rastplätzen oder auch wildschweinsichere Zäune.

Bis Mitte Dezember wurden laut FLI in der EU und der Ukraine mehr als 6500 Fälle der Schweinepest bei Wildschweinen und Hausschweinen registriert. Das entspricht einem Anstieg um mehr als 50 Prozent zum Vorjahr. Alarmierend sind die Zahlen aus Rumänien. Dort registrierten die Behörden in diesem Jahr mehr als 1100 der EU-weit rund 1500 Ausbrüche in Hausschweinbeständen. Dabei handele es sich vorwiegend um Kleinhaltungen von weniger als 100 Tieren, wo offenbar kontaminierte Speisereste an die Schweine verfüttert wurden.

Die Zahl der von der Seuche betroffenen EU-Staaten hat sich innerhalb eines Jahres mit neuen Fällen in Ungarn, Bulgarien und Belgien von sechs auf neun erhöht. "Es scheint so, dass wir uns für eine gewisse Zeit an die Präsenz der Seuche in Europa gewöhnen müssen", sagte Conraths. Auch weltweit verbreitet sich die Seuche weiter. So meldeten 2018 etwa auch China und Japan Fälle der Afrikanischen Schweinepest.

Doch es gibt erste Hoffnungsschimmer. Im Osten Estlands scheint sich - bei aller Vorsicht – die Lage zu beruhigen. "Wir beobachten, dass es dort inzwischen mehr Wildschweine mit Antikörpern gibt und keine Tiere mehr gefunden werden, in denen das Virus nachgewiesen wird", sagte Conraths. Die Antikörperträger seien Tiere, die sich mit der Seuche auseinandergesetzt und überlebt haben. Allerdings sei bislang unklar, ob diese Antikörper die Tiere vor einer neuen Infektion schützen, schränkte der Experte ein. Zudem könnte die Seuche auch wieder aufflammen, wenn neue Wildschwein-Generationen nachwachsen.

Bislang gibt es keinen Impfstoff gegen die Schweinepest, was die Bekämpfung erschwert. Allerdings berichten spanische Wissenschaftler von ersten Erfolgen bei der Impfstoffentwicklung mit einem Lebendvirus. "Wir sehen mit großer Spannung auf die Untersuchungen der Kollegen", sagte Conraths. Zuversichtlich stimme auch, dass in Tschechien seit April 2018 kein infiziertes Schwein mehr gefunden wurde. Das tschechische Bekämpfungssystem mit der Einrichtung von streng abgeriegelten Kernzonen und darum ringförmig angelegten Pufferzonen hat sich nach Einschätzung des FLI bislang als wirkungsvoll erwiesen und dient als "Blaupause" für einen möglichen Ausbruch in Deutschland.

Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern hat sich einen 51 Kilometer langen Elektrozaun zugelegt, mit dem im Falle eines Ausbruchs die Kernzone abgeriegelt werden soll. "Eigentlich grenzt es an ein Wunder, dass wir noch nicht betroffen sind", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD).