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Weihnachten Veränderte Nasch-Nachfrage im Corona-Winter

Für die Süßwarenindustrie hat die Pandemie Licht- und Schattenseiten. Der Jahresendspurt ist in diesem Jahr ein ganz anderer.

12.12.2020, 11:25

Peine/München (dpa) l Naschen nur solo oder in kleiner Runde: Die Weihnachts-Hochsaison ist für Hersteller und Händler von Schokolade unter den besonderen Corona-Bedingungen 2020 auch kurz vor dem Fest ein schwieriges Geschäft. Zwar beobachtet die Branche, dass sich gerade jetzt viele Verbraucher mit der Kernfamilie daheim oder in der Abgeschiedenheit des Homeoffices etwas gönnen wollen. Im stationären Einzelhandel ist die Kundennachfrage wegen der verschärften Pandemie-Schutzmaßnahmen jedoch teilweise deutlich zurückgegangen – Online-Kanäle sollen die Einbußen wettmachen. Einige Süßwaren-Unternehmen melden außerdem Probleme bei den Exporten.

Der niedersächsisch-berlinische Schokoproduzent Rausch etwa ist unterm Strich noch guten Mutes. "Wir haben gemerkt, dass Schokolade ein krisensicheres Produkt ist, sie wird weiterhin gekauft und verzehrt", heißt es bei dem Unternehmen aus Peine bei Braunschweig. Wie bei anderen Konsumgütern hielten sich die Menschen aufgrund der Corona-Unsicherheit allerdings auch hier zurück. Lichtblick immerhin: "Für den kleinen Genussmoment ist weiter Nachfrage da."

Zusehends verschöben sich Einkäufe ins Netz, während Besucherzahlen und Umsätze in Niederlassungen wie dem "Rausch-Schokoladenhaus" am Berliner Gendarmenmarkt in den Keller gegangen seien. Neben dem Hauptmarkt Deutschland/Österreich/Schweiz baut Rausch inzwischen einen Internet-Vertrieb in weitere EU-Länder sowie die USA und Kanada auf. "Letztes Jahr vor Weihnachten haben sich die Leute in den Geschäften geschoben, das ist jetzt nicht mehr so", berichtet der Hersteller, der im Großhandel auch Eigenmarken der Discounterkette Lidl produziert. "Durch Corona gibt es mehr Vorsicht" – besonders kleinere Anbieter bekämen das derzeit zu spüren. "Es ist schade, dass es einige kleinere Chocolatiers vielleicht nicht schaffen könnten."

Im deutschen Süßwarenhandel, der im November und Dezember in der Regel ein Viertel seines Jahresumsatzes von zuletzt fast 15 Milliarden Euro macht, sind Stimmung und Perspektiven ähnlich gemischt. Der Chef des Branchenverbands Sweets Global Networks in München, Hans Strohmaier, spricht von einem "bis dato unbekannten Maß an Nervosität, wie die finale Bilanz am Ende des Jahres aussehen wird". Auf der Positiv-Seite auch aus seiner Sicht: der Trend zum (erzwungenen) Konsum in den eigenen vier Wänden, gepaart mit einer "Sehnsucht nach Heimeligkeit", was sich zumindest bis Ende Oktober gezeigt habe und nun bis zum Weihnachts-Schlussspurt anhalten müsse.

Auf der Negativ-Seite: fehlende Kunden in den Innenstädten und ein Vor-Ort-Konsum, der bislang "deutlich geringer als in den Vorjahren" ausgefallen sei. Hinzu kämen durch die Kontaktreduzierungen außerdem weniger Familienbesuche, weniger Weihnachtsmärkte, weniger Weihnachtsfeiern – heißt: weniger Gelegenheiten für süße Geschenke.

Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) in Bonn werden in einer normalen Weihnachtssaison allein weit über 100 Millionen Weihnachtsmänner und -nikoläuse – im Fachjargon "Hohlfiguren aus Schokolade" genannt – sowie 80 Millionen gefüllte Adventskalender von den heimischen Anbietern abgesetzt. Ob das auch Ende 2020 gelingt, steht noch in den Sternen.

Aus dem wichtigen Exportgeschäft gab es zuletzt jedenfalls keine guten Nachrichten. 30 Millionen Adventskalender gehen laut BDSI üblicherweise pro Jahr ins Ausland. Von den Schoko-Nikoläusen stellte etwa die Firma Rübezahl aus dem baden-württembergischen Dettingen unter Teck fünf Millionen Stück weniger her als sonst. Man erwartet im Weihnachtsgeschäft einen Umsatzrückgang, auch die internationale Nachfrage sei deutlich zurückgegangen.

"Es gibt hier sogar Länder, die in dieser Weihnachtssaison gar keine Saisonprodukte bei uns bestellt haben", berichtete jüngst ein Firmensprecher. Laut Herstellerverband verließen in diesem Jahr 1,3 Prozent weniger Schoko-Nikoläuse die Produktionshallen.