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Shiitake-Pilze Voller Genuss nach sechs Monaten

Dieter Völkers züchtet in der Magdeburger Börde japanische Edelpilze. Er verkauft sie inzwischen bundesweit an Bio-Märkte.

29.07.2015, 23:01

Magdeburg l Mit den Shiitake-Pilzen ist es nicht viel anders als mit Tomaten, erklärt Dieter Völkers. „Jene, die industriell in wenigen Wochen hochgezüchtet werden, schmecken wässrig.“ Als der Magdeburger vor zehn Jahren seinen eigenen Pilz-Zuchtbetrieb gründete, entschied er sich deshalb für eine ökologische Produktion. „Ich verzichte auf Pestizide und Chemikalien und gebe den Pilzen die nötige Zeit zum Reifen.“ Mit Erfolg: Inzwischen kaufen Großhändler die fleischig schmeckenden Pilze auf und beliefern mehr als 40 Bio-Märkte in Großstädten wie Hamburg, Berlin und Dresden.

Die Geschichte von Dieter Völkers ist die eines Quereinsteigers. Der gebürtige Hamburger ist eigentlich Theologe und zog nach der Wende nach Magdeburg, um die kirchliche Jugendarbeit mit aufzubauen. Eines Tages sei ein Bekannter auf ihn zugekommen und habe von seinem Aufenthalt in Japan geschwärmt. „Er fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, gemeinsam mit ihm japanische Shiitake-Pilze zu züchten. Nach mehr als 20 Jahren Jugendarbeit hat mich die Herausforderung gereizt.“

Der Anfang war alles andere als leicht: Der Betrieb war erst im Aufbau, da musste Völkers‘ Geschäftspartner aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Völkers selbst hielt am Projekt fest und ließ sich auch nicht beirren, als er vergeblich bei Banken nach Krediten fragte. „Viele Bänker konnten sich einfach nicht vorstellen, dass man mit einer Pilz-Zucht Geld verdienen kann“, erzählt er. Schlussendlich sei es ihm dann doch noch gelungen, eine Sparkasse von seiner Geschäftsidee zu überzeugen.

Zwei Jahre dauerte es, bis Völkers seine erste große Ernte einfahren konnte. „Gerade zu Beginn habe ich in der Zucht auch Fehler gemacht“, erzählt er. Inzwischen sei er aber ein Experte. Die Zucht von Shiitake-Pilzen beginnt damit, dass Zellen der Pilze in Holzschnitzelballen verpflanzt werden. Völkers lagert die präparierten Ballen anschließend sechs Monate lang in einem Lagerhaus mit gekühlten Räumen. Industrielle Züchter behandeln die Pilze während der Reifezeit mit Pestiziden, damit in den Ballen außer den Shiitake-Pilzen nicht auch noch Schimmelpilze heranwachsen. Üblich sei auch die Zugabe von Chemikalien, um das Pilzwachstum zu beschleunigen.

Für Völkers ist beides undenkbar. „Der Mensch bleibt nur gesund, wenn er sich auch gesund ernährt.“ Er übt sich lieber in Geduld, wartet die sechs Monate ab, bis sich auf natürlichem Weg auf den Holzballen die begehrten Pilzköpfe bilden. „Nach der Reifezeit kann ich die Holzballen zwei Wochen lang abernten, weil weitere Pilzköpfe auch noch nachsprießen“, erklärt er. Ist der Ballen dann erschöpft, wird er wieder neu präpariert und wandert zurück in den Kühlraum.

Weil die Nachfrage nach Shiitake-Pilzen aus der Börde über die Jahre gestiegen ist, beschäftigt die Magdeburger Pilzmanufaktur inzwischen vier Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 400 000 Euro. „Die Verbraucher greifen zunehmend auf Bioprodukte zurück, das macht sich bei den Geschäftszahlen bemerkbar.“ Seit ein paar Jahren verkauft Völkers auch nicht mehr nur Shiitake-Pilze. Er kauft von anderen Bio-Produzenten andere Pilzsorten hinzu und vertreibt sie.

„Wir bieten unsere Pilze natürlich auch in der Region Magdeburg an“, betont Völkers. Neben hiesigen Bio-und Feinkostläden würden insbesondere in der Pilz-Saison auch Restaurants zu den Abnehmern zählen.

Besonders viel Spaß macht es Völkers, seine Pilze sonnabends auf den Wochenmärkten in Magdeburg und Haldensleben zu verkaufen. „Ich habe dort mittlerweile viele Stammkunden, mit denen ich auch darüber rede, wie man die Pilze am besten zubereiten kann.“

Billig sind seine japanischen Edelpilze allerdings nicht. Ein Kilo Shiitake kostet im Bioladen zwischen 20 und 25 Euro. Zum Vergleich: Champignons aus biologischem Anbau kosten neun Euro pro Kilo. „Einerseits wollen die Großhändler am Geschäft mitverdienen, andererseits ist die biologische Zucht eben teurer“, erklärt Völkers. Pro Holzballen könne er nicht so viele Pilzköpfe ernten wie industrielle Züchter, die mit Pestiziden und Chemikalien arbeiten. „Dafür schmecken die Pilze besser“, betont Völkers. Und sie seien gesund.

In Asien wird insbesondere dem Shiitake-Pilz heilende Wirkung zugeschrieben. Seine Inhaltsstoffe sollen unter anderem das Immunsystem des Menschen stärken, das Wachstum von Krebs-Zellen hemmen und Stoffwechselstörungen, Bluthochdruck und Diabetes lindern. Nach Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) können in seltenen Fällen aber auch Unverträglichkeiten in Form von Hautausschlägen bei Menschen vorkommen.

Dieter Völkers schreckt das nicht ab. Er isst seine Shiitake für sein Leben gern, sowohl roh als auch gedünstet. „Das ist wie mit den Tomaten – besonders gut schmecken sie, wenn man sie selbst anbaut.“