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Flugzeugschmiede Neustart der Leichtgewichte

Nach der Insolvenz will die Flugzeugmanufaktur Xtreme Air aus Cochstedt mit einem neuen Besitzer wieder durchstarten.

06.08.2015, 23:01

Cochstedt l Die Flugzeugbauer aus dem Hangar neben der Rollpiste des Cochstedter Airports galten einmal als Pioniere der Luftfahrt. 2006 war es den Tüftlern gelungen, als weltweit erster Hersteller ein Kunstflugzeug in Faserverbundbauweise zur Zulassungsreife zu bringen. Die Flugeigenschaften lassen die Herzen von Piloten aus vielen Ländern höher schlagen. Wenig später drehen auch die ersten Kunstflugstaffeln wie „The Flying Bulls“ und „The Matadors Aerobatic Team“ ihre Runden in den Maschinen aus Sachsen-Anhalt.

Doch die alten Erfolge schützen die Cochstedter nicht vor neuen Problemen. Als im Februar dieses Jahres der Investor in finanzielle Schieflage gerät, muss die Flugzeugschmiede Insolvenz anmelden (siehe Infokasten). „Wir hatten noch 2000 Euro auf dem Konto“, erinnert sich Karina Schwarz. Die Rechtsanwältin aus Magdeburg übernahm das Unternehmen und führte die 50 Mitarbeiter durch die Insolvenz. Aus der Investorensuche ist er als Sieger hervorgegangen: Stefan Hasper, 46 Jahre alt, steigt mit dem Münchner Hubschrauberbauer Rotorschmiede bei Xtreme Air ein.

Hinter Hasper und seiner Firma Rotorschmiede steht die chinesische Beteiligungsgesellschaft DEA General Aviation. Die finanzstarken Asiaten haben ihr Sparschwein für die Neuerwerbung weit aufgemacht. Rund 3,6 Millionen Euro hat Xtreme Air gekostet, meldet die Holding, die an der chinesischen Börse notiert ist.

Der neue Geschäftsführer hat Großes vor. In München arbeiten Hasper und seine Ingenieure an der Markteinführung eines Ultraleicht-Helikopters. Weil in Deutschland die Zulassung und Lizenzierung neuer Fluggeräte mit hohen Hürden verbunden ist, will Hasper von Xtreme Air profitieren.

„Wir lernen von einem Betrieb, der den Prozess durchlaufen hat, und wollen so Fehler vermeiden und den Anforderungen gerecht werden“, erklärt Hasper. In Cochstedt sollen dafür die Aktivitäten beider Firmen gebündelt werden.

Doch auch die leichten Flugzeuge sollen in der Halle weiter gefertigt werden. Mit dem asiatischen Investor im Rücken stehen vor allem chinesische Kunden im Fokus. Dort sei ein Wachstumsmarkt, so Hasper. „Aber der momentan größte Markt ist noch immer in den USA“, sagt der neue Geschäftsführer.

Rund sechs Monate nimmt der Bau eines der leichten Voll-Carbon-Flieger in Anspruch. Dafür ist fast jedes Bauteil Handarbeit. Nur Motor, Rotorblätter und Steuerungsteile werden zugekauft. Rund 350 000 Euro müssen Kunden für einen Kunstflieger aus Sachsen-Anhalt auf den Tisch legen. Auch auf spezielle Kundenwünsche können die Cochstedter so problemlos eingehen. „Wir bieten eine hohe Individualisierung, vor allem durch die Lackierung“, so Stefan Hasper.

Insolvenzverwalterin Karina Schwarz ist sicher, in Hasper den richtigen Mann gefunden zu haben. „Es ging mir darum, diesen Standort zu erhalten. Der Erfolg des Unternehmens basiert vor allem auf dem Know-how seiner Mitarbeiter“, sagt die Juristin. Mit dem neuen Besitzer wollen die 50 Mitarbeiter nun wieder durchstarten. Etwa zwölf Maschinen sollen pro Jahr ausgeliefert werden.