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Gegen TTIP Größte Massendemo seit Jahren in Berlin

Die umstrittenen Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada haben Berlin die seit Jahren größte Massendemo beschert.

11.10.2015, 23:01

Berlin (epd/dpa) l Unter dem Motto „TIIP und Ceta stoppen! - Für einen gerechten Welthandel“ sind am Samstag nach Polizeiangaben mindestens 150 000 Menschen durch das Berliner Regierungsviertel gezogen. Die Veranstalter sprachen von einer Viertelmillion Teilnehmern, die zum Teil mit Sonderzügen und Bussen aus dem gesamten Bundesgebiet angereist waren. Zu dem Protest aufgerufen hatte ein Bündnis aus mehr als 170 Organisationen.

Die Kritiker von TTIP und Ceta befürchten eine Aushöhlung europäischer Regeln und ein Sinken ökologischer und sozialer Standards. Stattdessen fordern sie verbindliche gemeinsame internationale Regeln für den Welthandel, von denen auch die Länder des globalen Südens profitieren.

Die Proteste richteten sich nicht gegen die USA, sondern dagegen, „dass unsere Regeln von Konzernen bestimmt werden sollen“, betonte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider. Deutschland sei nicht nur Wirtschaftsstandort, sondern in erster Linie Lebensstandort.

Zu den Rednern bei der Kundgebung an der Siegessäule gehörte auch der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann. „Fairer Welthandel funktioniert nicht ohne starke Arbeitnehmerrechte“, sagte er. Die Gewerkschaften seien nicht gegen den internationalen Handel. Dabei müssten aber Wohlstand, Gerechtigkeit und menschenwürdige Arbeit in den Mittelpunkt gestellt werden.

Der badische Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh forderte, internationale Verträge transparent zu verhandeln. Auch dürften sie nicht an Konzerninteressen ausgerichtet sein. Die arme Bevölkerungsmehrheit in Lateinamerika, Afrika und Asien könne bei TTIP noch nicht einmal ihre Interessen formulieren und mitreden, kritisierte Bundschuh.

Einige der Teilnehmer kamen in Kostümen, ein Traktor hatte ein Holzpferd auf dem Anhänger, „TTIP – ein Trojaner?“ stand darauf. Die Polizei war mit rund 1000 Beamten im Einsatz. Größere Zwischenfälle gab es nach Angaben eines Sprechers vom Sonntag nicht.

Aber auch die Befürworter von TTIP und Ceta meldeten sich am Wochenende zu Wort. Auf ganzseitigen Anzeigen in vielen deutschen Tageszeitungen warb der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) für die Freihandelsabkommen. Eine Absenkung von erreichten Standards werde es nicht geben, versprach Gabriel. Mit TTIP und Ceta habe Europa die Chance, die Regeln der Globalisierung fair mitzugestalten. „Scheitern wir, dann werden wir anderen folgen müssen“, erklärte der SPD-Vorsitzende.

Auch Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer warnte vor einem Scheitern des Freihandelsabkommens mit den USA. „Ein Scheitern von TTIP wäre nicht nur an unsere amerikanischen Partner, sondern an alle unsere Partner in der Weltwirtschaft ein fatales Signal“, sagte der Präsident der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände. Er appellierte an die Gewerkschaften, „zu Sachlichkeit, Differenziertheit und Weitblick zurückzufinden“. Die Blockadehaltung gegen TTIP schade dem Handel und damit vor allem den Arbeitnehmern.