1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Flüchtlinge lernen für ein neues Leben

Integration Flüchtlinge lernen für ein neues Leben

Damit Flüchtlinge schneller fußfassen, stellt die Bundesagentur für Arbeit bis zu 120 Millionen Euro für zusätzliche Sprachkurse bereit.

11.11.2015, 23:01

Halle l Amal Al Sabri ist aufgeregt an diesem Nachmittag. In wenigen Minuten beginnt ihr Deutschkurs im Mehrgenerationen- Haus Pusteblume in Halle. „Ich kann es kaum erwarten, endlich Deutsch zu lernen, ich möchte mir hier doch ein neues Leben aufbauen“, sagt die 40-jährige Syrerin. Zusammen mit 20 weiteren Flüchtlingen nimmt Al Sabri an dem neuen Kurs teil.

Finanziert wird dieser von der Bundesagentur für Arbeit. Erst vor wenigen Tagen hat der Verwaltungsrat der Behörde mehr als 120 Millionen Euro freigegeben. In allen Bundesländern können Anbieter von Sprachkursen diese Mittel seither abrufen und ihre Lehraktivitäten zugunsten der Flüchtlinge ausbauen.

Die Sprachkurse sollen gezielt jenen zugute kommen, die sich noch im Asylverfahren befinden, aber gute Chancen auf eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis haben. Denn bis die Asylbewerber an regulären Deutsch- und Integrationskursen des Bundesamtes für Migration teilnehmen dürfen, vergehen oft Monate - eben weil die Behörden erst ihren Status klären müssen. „Je schneller die Menschen nun unsere Sprache lernen, desto einfacher wird es ihnen fallen, sich hier zu integrieren“, erklärt Kay Senius, Regionalchef der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Halle.

Im Mehrgenerationenhaus Pusteblume kommen die meisten Kursteilnehmer aus Syrien, dem Iran und Eritrea. Amal Al Sabri lebt inzwischen zwei Monate mit ihrem Mann in Halle. „Wir haben beide vorher als Juristen an der Universität in Aleppo gearbeitet, doch durch den Krieg mussten wir fliehen“, erzählt sie in fließendem Englisch. Al Sabri will sich auch deshalb in Deutschland möglichst schnell einleben, weil sie ihre drei Kinder im Alter zwischen 12 und 17 Jahren nachholen will, die bei der Großmutter in Syrien geblieben sind. „Die Flucht übers Mittelmeer, durch Griechenland und den Balkan wäre für die Kinder zu gefährlich gewesen“, findet Al Sabri. Zudem hätten beide jeweils 3000 Euro an Schlepper zahlen müssen. „Mein Mann und ich wollen möglichst schnell wieder arbeiten, damit wir wieder Geld haben, um unsere Kinder zu holen.“ Erspartes sei mittlerweile nicht mehr übrig.

Al Sabris Lehrer ist Daniel López. Er ist einer der Dozenten, die im Mehrgenerationenhaus Pusteblume Deutsch unterrichten. Der 42-Jährige ist selbst gebürtiger Spanier. „Fast alle Flüchtlinge sind hoch motiviert“, erzählt er. „Die meisten wollen dauerhaft bleiben und wissen, dass sie dafür die Sprache lernen müssen.“ Mit López haben sie einen kompetenten Lehrer, seit drei Jahren ist er bereits Dozent, zuvor hat der Studierte Germanist als Übersetzer gearbeitet.

Die Bundesagentur für Arbeit achtet darauf, dass nur die Einrichtungen Geld für Sprachkurse bekommen, die qualifiziertes Personal beschäftigen. Beim Mehrgenerationenhaus in Halle etwa ist das Sozialpädagogische Institut (SPI) der Träger, Anfang Dezember will das SPI auch zwei Sprachkurse für Flüchtlinge in Magdeburg anbieten. „Wir suchen momentan allerdings noch nach geeigneten Räumen“, berichtet SPI-Geschäftsführer Michael Scherschel.

Von dem Kurs im Mehrgenerationenhaus Pusteblume profitiert auch Mostafa Rustaei. Der 30-jährige Iraner lebt inzwischen seit drei Monaten in Halle. Krieg herrscht im Iran zwar nicht, doch Rustaei ist Christ und wurde nach eigenen Angaben so verfolgt, dass er um sein Leben fürchtete. „Ich war im Iran Feuerwehrmann“, erzählt er in gebrochenem Deutsch, „ich möchte schnell die Sprache lernen und hier auch wieder als Feuerwehrmann arbeiten.“

BA-Regionalchef Kay Senius sieht in der Zuwanderung aus Krisenländern eine Chance für Sachsen-Anhalt. „In den kommenden Jahren fehlen hier 80 000 Fachkräfte“, betont Senius. „Wenn es uns gelingt, die Flüchtlinge in die Gesellschaft zu integrieren, können wir der schwierigen Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt entgegenwirken.“ Wie viele Sprachkurse die BA in Sachsen-Anhalt finanzieren wird, steht noch nicht fest. Bis zum Jahresende können sich Einrichtungen noch um Gelder bewerben.