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Aluminium-Riese Novelis setzt auf die Autoindustrie

Der weltgrößte Produzent von Aluminium-Blechen baut seinen Standort in Sachsen-Anhalt aus und will stärker mit VW kooperieren.

18.11.2015, 23:01

Nachterstedt l Um die Mittagszeit ist es so weit: Die neue Walzstraße, die Novelis an seinem Standort bei Nachterstedt im Salzlandkreis errichtet hat, geht an diesem Mittwoch in Betrieb. 62 Millionen Euro hat der Konzern investiert, um seine Produktion um 120.000 auf 350.000 Tonnen jährlich zu steigern. Das Werk ist damit das größte in Europa und Novelis mit 1.200 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber in Sachsen-Anhalt.

„Wir erweitern zu einem optimalen Zeitpunkt unsere Kapazitäten, denn die Nachfrage nach Aluminiumerzeugnissen wächst“, erklärt Europa-Chef Erwin Mayr. In den kommenden Jahren will der Konzern, der weltweit 11.500 Mitarbeiter zählt und 11,1 Milliarden Dollar Umsatz macht, seine Produktion vor allem für die Automobilindustrie weiter ausbauen.

Bislang macht der Absatz für diesen Zweig nur 25 Prozent vom Gesamtabsatz aus. Novelis hat Alu-Bleche in der Vergangenheit unter anderem auch für die Dosenindustrie und das Bauwesen gefertigt.

Künftig liegt der Fokus jedoch bei Fahrzeugen. Und das nicht ohne Grund. Autos müssen abnehmen. Der Druck, das Gewicht zu reduzieren, ist wegen der Sparvorgaben beim Verbrauch und beim Ausstoß von klimaschädlichen Gasen gewachsen. Je schwerer der Wagen, desto höher der Kraftstoffverbrauch, desto schwieriger fällt die Einhaltung von Umweltstandards.

In den vergangenen Jahren sind Autobauer deshalb dazu übergegangen, mehr Aluminium in ihren Modellen zu verbauen, es wiegt weniger als herkömmlicher Stahl. Großkunden bei Novelis sind heute schon Ford und Jaguar Land Rover, Novelis-Aluminium ist bereits in 180 Fahrzeugmodellen verbaut. Auch zu Volkswagen unterhält der Aluminium-Konzern inzwischen Geschäftsbeziehungen, Europa-Chef Erwin Mayr hofft allerdings, diese in den kommenden Jahren deutlich auszubauen.

Der Abgas-Skandal bei VW beunruhigt den Novelis-Manager dabei keineswegs. „Der Skandal zeigt einmal mehr, dass es nicht reicht, effiziente Motoren herzustellen“, erläutert Mayr. „Um den Verbrauch zu senken, müssen die Autos noch leichter werden.“ Für Novelis sei die Krise bei VW insofern eine Chance, weil die Wolfsburger und weitere Autobauer den Skandal zum Anlass nehmen könnten, noch mehr Aluminium in ihren Fahrzeugen zu verarbeiten.

Sollte die Nachfrage weiter steigen, würde der Standort Nachterstedt profitieren. „Wir haben hier zwar in den vergangenen Jahren schon rund 500 Millionen Euro investiert, aber wir haben noch viel Platz für Erweiterungen“, betont Mayr.

Ein Vorteil für den Standort Nachterstedt ist zudem seine Lage. Sollte VW künftig verstärkt auf Aluminium setzen, wären die Wege zwischen Wolfsburg und Nachterstedt vergleichsweise kurz.

Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) freut sich über die Wachstums-Signale. Er ist an diesem Mittwoch beim offiziellen Start der neuen Produktionslinie dabei, verspricht den Novelis-Managern seine Unterstützung für mögliche Zukunftspläne. „Für uns ist das Engagement von Novelis auch ein Beleg dafür, dass Sachsen-Anhalt ein attraktiver Wirtschaftsstandort ist“, so der Regierungschef.

Ob sich Aluminium nachhaltig in der Autoproduktion durchsetzen wird, bleibt allerdings abzuwarten. Hersteller wie BMW experimentieren seit Jahren mit Kohlefasern. Und auch die Stahlhersteller schlafen nicht. Mit Hilfe neuer Legierungen seien Gewichtseinsparungen von bis zu 30 Prozent möglich, sagen Experten.

Novelis will künftig auch selbst die Umwelt mehr schonen. Erst im vergangenen Jahr hat der Konzern in Nachterstedt das weltgrößte Aluminium-Recycling-Werk für 200 Millionen Euro in Betrieb genommen. 400.000 Tonnen Alu-Schrott sollen pro Jahr aufbereitet werden. Weil die Aufbereitung deutlich weniger Energie kostet als die Neuproduktion, will der Konzern auf die Weise 3,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich einsparen. Bislang beträgt der Anteil von recyceltem Aluminium in den Walzprodukten nur 46 Prozent. Novelis strebt jedoch an, ihn bis 2020 auf 80 Prozent zu erhöhen.