1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Sparkassen geben billige Kredite vor Wahlen

IWH-Studie Sparkassen geben billige Kredite vor Wahlen

Politiker nutzen laut dem IWH Aufsichtsmandate in Sparkassen aus, um vor Wahlen mit billigen Krediten die Wirtschaft zu besänftigen.

26.11.2015, 23:01

Magdeburg l Zu den Aufgaben der Sparkassen gehört es, kleine und mittelständische Unternehmen in ihrer Region zu finanzieren. Dabei sind sie gesetzlich dazu verpflichtet, nur jenen Firmen Kredite anzubieten, die ihren Sitz in der selben Kommune oder im selben Kreis angemeldet haben. Die regionale Verankerung führt jedoch nach Ansicht des Instituts für Wirtschaftsforschung (IWH) in Halle dazu, dass Lokalpolitiker über ihre Mitgliedschaften in Aufsichtsgremien der Sparkassen Einfluss auf die Kreditvergabe nehmen, insbesondere vor Wahlen.

Als Begründung führt das IWH eine eigens durchgeführte Analyse der Kreditvergaben aller 452 Sparkassen in Deutschland im Zeitraum von 1995 bis 2006 an. „In Jahren, in denen Kommunalwahlen stattfanden, erhöhten die Sparkassen ihre Unternehmenskredite im Schnitt um 7,6 Millionen Euro“, erklärt IWH-Präsident Reint Gropp. Viele Kredite, die in Wahljahren gewährt wurden, seien dabei von geringerer Qualität gewesen als in den sonstigen Jahren.

Mit anderen Worten: In Wahlkampfzeiten hätten Firmen Sparkassen-Kredite erhalten, die eigentlich nicht kreditwürdig gewesen wären. Und das auch noch zu günstigeren Konditionen als sonst. In den Folgejahren hätte dies dem IWH zufolge dazu geführt, dass die Sparkassen ihre Rückstellungen für Kreditausfälle erhöhen mussten. Auch Zinseinnahmen seien deutlich niedriger ausgefallen. „Das wahlzyklische Kreditvergabeverfahren der Sparkassen deutet darauf hin, dass politische Erwägungen bei der Kreditvergabe eine bedeutende Rolle spielen“, so Gropp weiter. Konkrete Beispiele von politischer Einflussnahme wollte der IWH-Chef jedoch nicht nennen. Es sei lediglich eine Analyse der Bilanzen, mit bestimmten Fällen habe man sich nicht näher beschäftigt.

Tatsächlich sitzen auch in den Sparkassen Sachsen-Anhalts Kommunal- und Landespolitiker in den Aufsichtsgremien. Das wird allein schon durch das Sparkassengesetz so geregelt. Landräte beziehungsweise Oberbürgermeister nehmen von Amts wegen den Vorsitz im Verwaltungsrat ein.

In Magdeburg erfüllt diese Funktion Oberbürgermeister Lutz Trümper, in Stendal Landrat Carsten Wulfänger, im Harz Martin Skiebe. Zudem sitzen auch Rats- oder Kreismitglieder in den Aufsichtsgremien.Auch in Kreditausschüssen, die besonders hohe Kredite genehmigen, sitzen oftmals Vertreter aus der Politik.

Die Sparkassen in Sachsen-Annhalt weisen jedoch Einflussnahmen durch Politiker weit von sich. Frank Harbrecht von der Harzsparkasse erklärt: „Kreditentscheidungen trifft der geschäftsführende Vorstand, die Aufsichtsgremien können den Entscheidungen nur zustimmen oder sie ablehnen - aber Kredite nicht in Eigenregie vergeben.“ Rita Fenske, Sprecherin der Sparkasse Magdeburg weist ebenfalls Einflussnahmen zurück. „Die Gremien werden nicht nur von Vertretern einer Partei besetzt, sondern parteiübergreifend. Und ob ein Kredit vergeben wird oder nicht, hängt allein von der Bonität des Kunden ab.“

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband wirft dem IWH gar vor, die Kreditvergaben falsch berechnet zu haben. Der in der Studie hergestellte Zusammenhang zwischen einer vermehrten Vergabe von Krediten und verbesserten Aussichten bei Kommunalwahlen sei weder nachgewiesen, noch überzeugend. Zu dem gebe es Studien, die belegen würden, dass Sparkassen eine „stabilisierende Wirkung“ bei der Finanzierung des Mittelstandes hätten.