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Notenbank Die USA stehen vor der Zinswende

Die Finanzmärkte rechnen mit einer Zinsanhebung der US-Notenbank.

13.12.2015, 23:01

Washington (AFP) l Fed-Chefin Janet Yellen hatte zuletzt klare Signale für die bevorstehende Zinswende ausgesendet. Allerdings befürchten Kritiker, dass höhere Zinsen die US-Konjunktur abwürgen könnten.

Aus dem Protokoll der Zinssitzung des Offenmarktausschusses Ende Oktober geht hervor, dass eine Mehrheit in dem für die Geldpolitik zuständigen Gremium mit einer Zinserhöhung im Dezember rechnet. Die meisten Teilnehmer des Treffens hielten es demnach für „gut möglich“, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dafür erreicht seien. Yellen selbst äußerte sich bei einer Rede in Washington Anfang des Monats kritisch über eine weitere Verzögerung der Zinswende.

Sollte die Fed zu lange warten, müsste die Geldpolitik zu einem späteren Zeitpunkt „relativ abrupt“ gestrafft werden, sagte sie. Dies würde die Finanzmärkte destabilisieren und das Wirtschaftswachstum in den USA beschädigen. Die Konjunktur sei stark genug, um eine Anhebung des Leitzinses zu verkraften: „Ich erwarte anhaltendes Wachstum mit moderater Geschwindigkeit, das ausreichend sein wird, zusätzliche Arbeitsplätze zu generieren (...) und die Inflation auf unser Ziel von zwei Prozent zu erhöhen.“

Mit der Rede habe Yellen die Absicht verfolgt, „den Märkten zu sagen, dass sie planen, die Zinsen beim nächsten Treffen anzuheben“, glaubt Stephen Oliner vom Washingtoner Think-Tank American Enterprise Institute. In einer Erhebung des „Wall Street Journal“ erwarteten 97 Prozent der befragten Volkswirtschaftler eine Erhöhung im Dezember. Allerdings dürfte die Fed die Wende vorsichtig einleiten, mit einem ersten Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten.

Der Leitzins ist der Satz, zu dem sich Geschäftsbanken bei der Zentralbank Geld leihen können. Dies schlägt sich in den Zinsen nieder, die Unternehmen und Verbraucher für ihre Kredite zahlen müssen. Für die Zentralbank ist der Leitzins ein Instrument, um die Entwicklung von Konjunktur und Preisen in einer Volkswirtschaft zu beeinflussen. Liegt die Wirtschaft am Boden, können die Zentralbanker über billiges Geld das Wachstum anschieben. Wenn die Konjunktur heiß- läuft, können sie einer drohenden Inflation mit höheren Zinssätzen entgegenwirken.

Angesichts der Finanzkrise hatte die Federal Reserve den US-Leitzins Ende 2008 auf das Rekordtief von null bis 0,25 Prozent gesenkt. Daneben kaufte die Fed Staats- und Hypothekenanleihen auf und pumpte so mehr als drei Billionen Dollar in den Wirtschaftskreislauf. Mit dem sogenannten Quantitative Easing konnte die Fed die Geldmenge bei Nullzinsen noch weiter ausdehnen. Ihre Anleihenkäufe hatte die US-Zentralbank Ende Oktober 2014 auslaufen lassen.

Bereits im Sommer waren sich viele Marktbeobachter sicher, dass Yellen zum ersten Mal seit 2006 den Leitzins anheben würde. Doch dann säten Turbulenzen in China neue Zweifel. Noch immer halten einflussreiche Ökonomen höhere Zinsen für verfrüht. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman warnte in der „New York Times“, eine Zinserhöhung könnte „das Ende des Laufes von guten Wirtschaftsnachrichten“ bedeuten.

Die US-Wirtschaft wächst stabil, die Arbeitslosenquote liegt mit fünf Prozent auf dem niedrigsten Stand seit Februar 2008. Allerdings täuschen die Zahlen darüber hinweg, dass Millionen Menschen in Teilzeit arbeiten, obwohl sie lieber einen Vollzeitjob hätten. Auch vom Inflationsziel von zwei Prozent sind die USA weiter deutlich entfernt.