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Landwirtschaft Bio-Höfe liefern bis an die Haustür

Der Markt für Bio-Gemüse wächst, in Sachsen-Anhalt liefern immer mehr Anbieter bis vor die Haustür.

01.01.2016, 23:01

Magdeburg l Mittwochs geht es im Betrieb von Hanna Pirke besonders hektisch zu. 40 bis 50 Kisten mit Obst und Gemüse müssen stets an diesem Tag fertig gepackt und zum Kunden gefahren werden. „Unser Geschäft ist gewachsen“, erzählt die 55-jährige Inhaberin des „Öko-Gartenbau“. „Die Verbraucher schätzen Bio-Gemüse, das aus der Region kommt.“

Das belegen auch Zahlen des Landwirtschaftsministeriums. Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der Bio-Betriebe in Sachsen-Anhalt von 175 auf 376 gestiegen, sie hat sich damit mehr als verdoppelt. Viele beliefern dabei nicht nur den Großhandel, sondern vertreiben ihre Produkte auch über Hofläden, Marktstände oder Lieferdienste.

Hanna Pirke beschäftigt im Börde-Ort Loitsche-Heinrichsberg bis zu zehn Mitarbeiter. Im Winter ist die Mannschaft etwas kleiner, da es auf den 3,7 Hektar Ackerfläche weniger zu ernten gibt. Pirke hat zwar auch Gewächshäuser, aber wenn zu strenger Frost einsetzt, wächst auch dort nichts mehr. „Unsere Kunden im Großraum Magdeburg beliefern wir trotzdem das ganze Jahr über“, erklärt sie. Gemüse-Sorten, die sie jahreszeitenbedingt nicht auf Lager hat, kaufe sie im Bio-Großhandel dazu. Etwa 100 000 Euro Jahresumsatz würden so zusammenkommen.

Eine Abo-Kiste kostet bei Hanna Pirke ab 12 Euro. „Alle zwei Wochen kann sich der Kunde überraschen lassen, welches Gemüse in der Kiste enthalten ist“, erklärt sie. „Momentan sind darin häufig Feldsalat, Rosenkohl, Blumenkohl und Pastinaken zu finden.“ Für 17 Euro können sich die Kunden ihre Kisten aber auch nach Wunsch zusammenstellen lassen. Häufig würden Familien und Senioren bestellen. „Für Eltern, die arbeiten müssen, oder Senioren, die nicht mehr so mobil sind, ist das ein bequemer Service“, erklärt Pirke. Zwei Lieferwagen hat sie mittlerweile, die sie zu ihren Kunden schicken kann.Sie ist allerdings längst nicht mehr die alleinige Anbieterin von Abo-Kisten. Im Großraum Magdeburg gibt es inzwischen eine Hand voll.

Zu den Anbietern zählt auch der Biohof Weißmeyer in Hohendodeleben im Bördekreis. „Wir liefern im Zwei-Wochen-Rhythmus bis zu 650 Kisten aus“, erzählt Romy Weißmeyer. Magdeburg, Barleben und Irxleben zählen zum Liefergebiet. Auch ihr ist aufgefallen, dass der Wettbewerb zunimmt. „Wir zählen inzwischen drei direkte Konkurrenten.“

Bereits nach der Wende hat Familie Weißmeyer auf ökologischen Anbau umgestellt. „Am Anfang hatten wir zweieinhalb Hektar, inzwischen sind es elf“, erzählt die 38-Jährige. Das Geschäft mit Abo-Kisten sei von Anfang an mit dabei gewesen. „Die Leute kaufen nicht nur wegen der Bio-Qualität bei uns ein“, erklärt Weißmeyer, „sie kaufen vor allem bei uns, weil sie dann wissen, wo ihr Gemüse und Obst herkommt.“ Etwa 85 Prozent der Gemüse-Sorten baue der Hof selbst an, der Rest werde im Bio-Großhandel dazugekauft. In der Winterzeit kommt das Gemüse in der Regel nicht direkt vom Feld. „Wir haben mehrere Kühlräume, in denen wir unsere Ernte lagern können“, erklärt Weißmeyer.

Ökologischer Landbau bedeutet für Weißmeyer wie für Pirke, dass keine Chemikalien beim Anbau eingesetzt werden dürfen. Das ungewöhnlich warme Klima ist für die Bio-Betriebe daher nicht gerade gut. Bleibt es warm, dann vermehren sich die Schädlinge im Frühjahr stärker als sonst. Und das kann im Zweifelsfall Ernteausfälle nach sich ziehen.

Weil sich Verbraucher grundsätzlich mehr nach Hause liefern lassen, überlegen sowohl Pirke als auch Weißmeyer, wie sie ihr Sortiment ausbauen können. „Wir kooperieren inzwischen mit einer Bäckerei, liefern unseren Kunden daher auch Brot“, erzählt Pirke.

Allerdings gebe es beim Zusatzgeschäft auch Grenzen: „Da unsere Lieferwagen keinen Kühlraum besitzen, können wir Produkte, die gekühlt werden müssen, nicht anbieten.“ Beim Biohof Weißmeyer will man es mit dem Wachstum auch nicht übertreiben: „Unsere Kunden schätzen uns, weil wir ein Fünf-Mann-Familienbetrieb sind. Das wollen wir auch bleiben.“

Das Landwirtschaftsministerium in Sachsen-Anhalt geht allerdings auch davon aus, dass sich der Bio-Boom in den kommenden Jahren abschwächt. Die hohen und weiter steigenden Kauf- und Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen bremsen das Wachstum, erklärt Ministeriums-Sprecher Detlef Thiel. Derzeit werden rund 55 600 Hektar Ackerfläche ökologisch bewirtschaftet. Das sind rund fünf Prozent der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche.