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Landwirtschaft Bauern-Proteste in Berlin

Zum Start der Grünen Woche protestieren Tausende gegen Massentierhaltung und Agrarindustrie.

17.01.2016, 23:01

Berlin (dpa) l Am Rande der Grünen Woche haben am Wochenende in Berlin Tausende Menschen für eine ökologischere Landwirtschaft demonstriert. Unter dem Motto „Wir haben es satt“ zogen am Sonnabend laut Polizei rund 13 500 Teilnehmer durch die Hauptstadt, die Veranstalter sprachen von 23 000. Zu Zwischenfällen sei es dabei nicht gekommen, sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag.

Angeführt wurde der Protest von 109 Traktoren, die für eine Zwischenkundgebung auch am Landwirtschaftsministerium Station machten. Agrarminister Christian Schmidt (CSU) betonte, eine intensive Landwirtschaft bleibe unverzichtbar.

„Wir machen uns für eine bäuerliche und ökologischere Zukunftslandwirtschaft stark. Die Agrarindustrie haben wir satt“, sagte der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Georg Janßen. „Die aktuelle Agrarpolitik zielt nur auf eine Steigerung der Exporte, dadurch sinken die Preise.“ Das bedrohe die Existenz vieler Bauern.

Schmidt entgegnete, man müsse bei aller Kritik die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung im Blick behalten. Wer diesen Punkt ausblende, betreibe Realitätsverweigerung, sagte er mit Blick auf die Demonstration gegen Massentierhaltung und Umweltschäden. Dies heiße ja nicht, dass ökologische Aspekte missachtet werden müssten.

Auf der Grünen Woche selbst drängten sich Zehntausende Besucher. Insgesamt kamen bis zum Sonntag über 100 000 Gäste, wie die Messe mitteilte. „Trotz des Schneewetters haben wir ein ähnlich großes Publikum wie in den Vorjahren.“ Besonders beliebt waren demnach die Blumenhalle, die Heimtierschau und die Tierhalle. „Aber auch in der Halle unseres Gastlandes Marokko drängen sich die Menschen.“

Dem Protest auf der Straße schlossen sich neben Landwirten Vertreter zahlreicher Verbände, Umwelt- und Tierschutzorganisationen an – darunter unter anderem die Jugendgruppe des BUND, die globalisierungskritische Gruppe Attac sowie der Nabu. Sie wandten sich auch gegen das geplante EU-Freihandelsabkommen TTIP mit den USA, bei dem Kritiker eine Absenkung der Lebensmittelstandards befürchten.

Am Sonnabendvormittag hatten rund 500 Demonstranten am Washingtonplatz eine Kundgebung abgehalten, wie die Polizei berichtete. Gemäß dem Motto „Wir machen Euch satt“ wehrten sie sich gegen die Kritik von Tierschutzverbänden und Naturschutzorganisationen. „Wir wollen zu einem sachlichen Dialog zurückkehren“, sagte der Bauer Klaus-Peter Lucht. „Wir haben in Deutschland immer noch eine bäuerliche Landwirtschaft, die angeprangerten Agrarfabriken gibt es nicht.“

Parallel zu den Aktionen berieten im Auswärtigen Amt Regierungsvertreter aus mehr als 60 Ländern beim Agrarminister-Gipfel über die Welternährung. Dabei bekannten sie sich zu dem Ziel, in den wachsenden Städten vieler Länder die Ernährung zu sichern.

Agrarminister Schmidt betonte, die Ernährung von Millionen Menschen sei auch entscheidend für die globale Sicherheit. Unkontrollierbare „Megacities“, in denen dies nicht funktioniere, seien Quellen für Radikalisierung.