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Wirtschaftspolitik Mindestlohn entlastet die Staatskassen

Bund, Länder und Gemeinden sparen durch die Lohnuntergrenze viele Millionen Euro bei Sozialleistungen ein.

26.01.2016, 23:01

Magdeburg l Wer zu wenig verdient, um über die Runden zu kommen, kann staatliche Leistungen beziehen. Über viele Jahre haben Bund, Länder und Gemeinden riesige Beträge für Geringverdiener bereitgestellt. Seit 2012 gehen die Kosten in Sachsen-Anhalt jedoch zurück, ein besonders deutlicher Rückgang zeichnet sich für 2015 ab, was höchstwahrscheinlich an der Einführung des Mindestlohns liegt.

Zwar sind noch immer viele Arbeitnehmer auf staatliche Leistungen angewiesen, weil auch ein Stundenlohn von 8,50 Euro nicht ausreicht, um eine ganze Familie zu versorgen. Aber dadurch, dass die Beschäftigten unterm Strich mehr verdienen als vor der Mindestlohn-Einführung, haben sie weniger Anspruch auf Zuschüsse.

Die deutlichste Entlastung hat der Bund in den vergangenen Jahren verzeichnet, er musste den Arbeitnehmern in Sachsen-Anhalt über die Bundesagentur für Arbeit weniger Arbeitslosengeld-II zahlen. Im Jahr 2012 überwies er insgesamt noch 181,7 Millionen Euro, pro Monat waren das 15,1 Millionen, wie die Grafik zeigt. 2015 dürfte nun die Gesamtsumme auf etwa 144 Millionen Euro abgesackt sein.

Hierbei handelt es sich zwar noch um einen Schätzwert, weil die Bundesagentur für Arbeit der Volksstimme für das vierte Quartal 2015 noch keine monatlichen Kosten nennen konnte. Doch die Tendenz ist eindeutig. Binnen vier Jahren dürften die jährlichen Kosten beim Arbeitslosengeld um mehr als 20 Prozent zurückgegangen sein.

Bundesweit fallen die Entlastungen noch höher aus. Die BA rechnet mit jährlichen Einsparungen von 600 bis 900 Millionen Euro, die mit der Mindestlohn-Einführung einhergehen. Eine genaue Gesamtsumme für 2015 liegt allerdings noch nicht vor.

Leicht entlastet werden auch die Kommunen in Sachsen-Anhalt. 2012 mussten sie noch 204,8 Millionen Euro aufbringen, um bedürftigen Arbeitnehmern die Wohnung und Heizkosten zu zahlen. Das waren monatlich 17,1 Millionen Euro. Inzwischen liegt der Monatswert nur noch bei 14 Millionen Euro, für 2015 dürften Gesamtkosten von 168 Millionen Euro zusammenkommen. Das bedeutet immerhin ein Rückgang von 18 Prozent im Vergleich zum Jahr 2012.

Klar ist aber auch: So mancher Sozialpolitiker dürfte sich größere Einspar-Effekte erhofft haben, zumal neben dem Mindestlohn auch weitere Faktoren die Kosten gedrückt haben werden. So nimmt beispielsweise aufgrund der besseren Arbeitsmarktlage grundsätzlich die Zahl der Aufstocker und Geringverdiener in Sachsen-Anhalt leicht ab.

Finanzielle Entlastung hat sich für den Staat auch beim Wohngeld eingestellt. Die Leistung haben bislang diejenigen Arbeitnehmer bezogen, die in der Lage waren, mit Hilfe von Wohngeldzuschüssen ihren Alltag zu bestreiten, ohne weitere staatliche Leistungen wie Arbeitslosengeld-II in Anspruch nehmen zu müssen. Zwischen 2012 und 2015 sind die Wohngeld-Kosten, die sich Bund und Land teilen, von 41 auf 21 Millionen Euro jährlich abgesunken. Allerdings dürfte sich bei dieser Staatsleistung der Trend schon im Jahr 2016 wieder in die andere Richtung bewegen. Der Bund hat nämlich im vergangenen Jahr eine Wohngeld-Reform verabschiedet, die seit Januar inkraft getreten ist.

Die Reform ist eine Reaktion auf die vielerorts stark gestiegenen Mieten, künftig sollen Wohngeldbezieher deutlich höhere Zuschüsse erhalten. Ein Zwei-Personen-Haushalt beispielsweise soll im Durchschnitt nicht mehr 112, sondern 186 Euro monatlich erhalten. Durch die angepassten Zuschüsse wird es mehr Arbeitnehmern auf die Weise gelingen, ohne Arbeitslosengeld-II-Zahlungen auszukommen. Das Finanzministerium in Sachsen-Anhalt rechnet deshalb bereits mit einem kräftigen Anstieg der Wohngeldkosten auf 46 Millionen Euro. Die Hälfte davon muss aus dem Landeshaushalt finanziert werden, die andere Hälfte übernimmt der Bund.

Ob die Sozialausgaben des Staates insgesamt weiter sinken, wird vor allem davon abhängen, wie sich die Konjunktur weiterentwickelt.