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Gewerkschaften Mehr Mitglieder dank Berufsanfängern

Parteien und Vereine kämpfen im schrumpfenden Sachsen-Anhalt um Mitglieder. Die Gewerkschaften setzten jetzt auf Azubis und Berufsanfänger.

Von Franziska Höhnl, dpa 03.02.2016, 07:39

Magdeburg (dpa) l In Sachsen-Anhalt sind die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften nach jahrelangem Schwund weitgehend stabil. Für Zulauf sorgten vor allem Auszubildende und junge Berufsanfänger, ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sieht in den unter 27-Jährigen einen Schwerpunkt ihrer Arbeit. Verglichen mit 2010 sei die Zahl der Mitglieder im Land zwar um 3000 auf 60.000 gesunken, teilte Verdi mit. Dank der positiven Entwicklung bei den jungen Sachsen-Anhaltern übertrafen demnach zuletzt jedoch die Ein- wieder die Austritte. Bei den meisten Gewerkschaften konnten zwar mehr neue Mitglieder gewonnen werden, die demographische Entwicklung im schrumpfenden und alternden Land fing das meist jedoch nicht auf.

Besonders die kleineren Gewerkschaften melden bei den Auszubildenden Erfolge. "Inzwischen gewinnen wir etwa 70 Prozent der Anwärter bei Ausbildungsbeginn", berichtete Uwe Petermann, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Vor zehn Jahren sei das nur bei etwa 40 Prozent der Anwärter gelungen. "Da war auch unsere Mitgliederzahl auf dem Tiefstand von 4100." Inzwischen seien es wieder 100 mehr. "Und das, obwohl die Zahl der Polizisten im gleichen Zeitraum um 2000 zurückgegangen ist."

Auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) kann nach eigenen Angaben bei den Azubis neue Mitglieder gewinnen. "86 Prozent der Auszubildenden im Einzugsgebiet der EVG sind zwischenzeitlich in der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft organisiert", erklärte ein Sprecher – allerdings zum bundesweiten Trend. Regionale Zahlen konnte die EVG nicht liefern.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) verzeichnete im Vergleich zu 2014 ein Plus von 1,3 Prozent. Mit inzwischen rund 8900 Mitgliedern setze sich der positive Mitgliedertrend fort. Ähnlich äußerte sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Aufgrund der monatelangen Tarifstreits, etwa um die bessere Bezahlung der Kita-Erzieher, sei die Mitgliederzahl überdurchschnittlich gestiegen, teilte die GEW mit. Sachsen-Anhalt liege dabei im Bundestrend. Deutschlandweit legte die GEW demnach um 3,1 Prozent auf mehr als 280.500 Mitglieder zu.

Die Industriegewerkschaften IG BCE, IG Bau und IG Metall verloren im Vergleich zu 2014 minimal an Mitgliedern. Mit 24.500 seien knapp 100 Menschen weniger organisiert gewesen als im Vorjahr, sagte ein IG-Metall-Sprecher. "Vor allem in der Region Halle-Dessau konnten wir neue Mitglieder gewinnen." Im gesamten Bezirk, der neben Sachsen-Anhalt auch Niedersachsen umfasst, sei die Zahl der Mitglieder sogar um knapp 1 Prozent gewachsen. Die IG Bergbau, Chemie, Energie zählte Ende 2015 mit 24.650 Mitgliedern fast ebenso viele wie 2014. Vor allem in Gardelegen, Stendal und im Bördekreis organisierten sich demnach mehr Beschäftigte.

Neben dem Erfolg bei den Nachwuchskräften sind den Gewerkschaftern zufolge vor allem Tarifverhandlungen ein Mitgliedermagnet. "Gerade da, wo wir Haustarifverträge verhandeln, organisieren sich die Beschäftigten", berichtete IG-Bau-Bezirksleiter Mirko Hawighorst. "Deswegen verzeichnen wir bei den Gebäudereinigern seit Jahren ein Plus." Weil die Mitgliederwerbung im Baubereich jedoch deutlich schwieriger sei, bleibe die Gesamtentwicklung leicht negativ. "Besonders groß sind die Probleme dort, wo die Unternehmen nicht tarifgebunden sind."