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Milchkrise Bauern wollen auf die Straße gehen

Die Stimmung bei den Landwirten in Sachsen-Anhalt ist wegen niedriger Preise schlecht. Sie wollen den Druck auf Handel und Politik erhöhen.

03.03.2016, 23:01

Staßfurt l Eigentlich hätte Olaf Feuerborn allen Grund zum Lächeln. Mit breiter Mehrheit haben ihn 212 Delegierte beim Verbandstag am Donnerstag in Staßfurt zum neuen Landesverbandspräsidenten gewählt. Zum Lachen ist ihm an diesem Tag aber trotzdem nicht zumute, er wirkt ernst.

„2015 war ein schwieriges Jahr für die Landwirtschaft“, berichtet Feuerborn. Mäßige Ernteergebnisse habe es vielerorts gegeben, besonders katastrophal sei der Preisverfall bei Milch und Schweinefleisch. „Preise bei 23 Cent pro Liter Milch sind erschreckend, das können wir nicht länger hinnehmen“, ruft Feuerborn den Delegierten zu. „Wir werden auf die Straße gehen.“

Nicht weniger pessimistisch äußert sich etwas später Joachim Rukwied. Vor der Landtagswahl hat es sich der Präsident des Deutschen Bauernverbandes nicht nehmen lassen, ebenfalls nach Sachsen-Anhalt zu kommen. „Wenn ich die momentane Situation betrachte, in der wir uns als Bauern befinden, dann muss ich die Frage stellen: Haben wir eine Zukunft?“ Die Antwort liefert Rukwied gleich mit: Nicht wenige Betriebe werden keine Zukunft haben, wenn die Preise im Keller beleiben. „Wir werden uns daher Aktionen vorbehalten, um auf die Lage aufmerksam zu machen.“

Der Zorn der Landwirte richtet sich einerseits gegen den Einzelhandel. Die großen Handelsketten und Discounter würden systematisch die Preise für Milch, Butter und Käse drücken. Die Lage noch zusätzlich verschärfen würde Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), wenn er die Fusion von Edeka und Tengelmann endgültig genehmigt, so Rukwied. „Dadurch bekommen die Ketten noch mehr Marktmacht.“

Die Politik müsse zudem das Verhältnis zu Russland dringend verbessern. Die angespannte Situation sei auch den Handelssanktionen geschuldet.

Rukwied bekräftigt im weiteren Forderungen nach Hilfen für die Landwirte: Bausteine seien Liquiditätshilfen, Bürgschaftsprogramme, steuerliche Entlastungen, Nachbesserungen im Kartellrecht sowie ein konsequenter Abbau von Bürokratie.

Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens (CDU) sichert den Landwirten seine Unterstützung zu. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hätte sich bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits für weitere Hilfen starkgemacht. Auch die Spitzenkandidaten von SPD und Linken, Katrin Budde und Wulf Gallert, bekräftigten in Staßfurt, dass sie sich der Sorgen annehmen wollen.

Inwiefern die Bauern tatsächlich nach der Wahl etwa mit Steuererleichterungen rechnen können, ist jedoch ungewiss. Der Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Robert Kloos, weist darauf hin, dass der Handlungsspielraum gering sei, Landwirtschaftspolitik vor allem in Brüssel entschieden werde.

Kloos widerspricht auch der Darstellung Rukwieds, wonach die Bauern unter den Russland-Sanktionen leiden würden. „Zuletzt wurden landwirtschaftliche Güter im Wert von 68 Milliarden Euro exportiert, die Ausfuhren sind trotz Sanktionen stabil geblieben.“