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Handel Gabriel ignoriert Wettbewerbshüter

Bundeswirtschaftsminister hebelt das Nein des Kartellamts aus und erlaubt die Fusion von Edeka mit Kaiser's Tengelmann unter Auflagen.

17.03.2016, 23:01

Berlin (dpa) l Unter strengen Auflagen darf der Handelsriese Edeka die Supermarktkette Kaiser‘s Tengelmann übernehmen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erlaubte den umstrittenen Deal am Donnerstag. Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka muss jedoch den Erhalt von knapp 16 000 Jobs bei Kaiser‘s Tengelmann für mindestens sieben Jahre garantieren.

Ob der Zusammenschluss tatsächlich stattfindet, steht aber noch nicht fest. Der Edeka-Konkurrent Rewe kündigte an, beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde gegen die Ministererlaubnis einlegen zu wollen.

Mit seiner Sondergenehmigung hebelte Gabriel ein Verbot des Bundeskartellamts aus. Die Wettbewerbshüter fürchteten, dass durch den Zusammenschluss der Wettbewerb im deutschen Lebensmittelhandel weiter eingeschränkt werden könnte. Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und Aldi beherrschen zusammen 85 Prozent des Markts.

Gabriel betonte, aus seiner Sicht sei der Schutz von Arbeitsplätzen bei Kaiser‘s Tengelmann wichtiger als die Bedenken des Kartellamts: „Die Gemeinwohlgründe überwiegen die Wettbewerbsbeschränkung.“ Es gehe bei den Kaiser‘s-Mitarbeitern um Menschen, die nicht zu den Gutverdienenden gehörten, erklärte der SPD-Chef. Ein Lagerarbeiter oder ein Metzger bei Kaiser‘s Tengelmann verdiene zwischen 1500 und knapp über 2000 Euro brutto im Monat.

Edeka muss nach den Auflagen nun rechtssichere Tarifverträge mit den Gewerkschaften eingehen, die Kaiser‘s-Märkte fünf Jahre in Eigenregie weiterführen und das Fleischwerk Birkenhof drei Jahre betreiben. Falls in den kommenden Jahren gegen diese Vorgaben verstoßen wird, droht dem Unternehmen die Rückabwicklung der Fusion. Gabriel erklärte, sein Ministerium werde strikt prüfen, ob alle Bedingungen erfüllt werden: „Es gibt keine Hintertür.“

Edeka und Tengelmann kündigten an, die Bedingungen des Ministers nun zügig umsetzen zu wollen. Auch Verdi sprach sich für zeitnahe Tarifgespräche aus. Zeitliche Vorgaben für die Einigung gibt es Gabriel zufolge aber nicht. Ohnehin steht die Umsetzung der Fusion wegen der angekündigten Rewe-Beschwerde noch unter großem Vorbehalt.

Rewe-Chef Alain Caparros warf Gabriel vor, die Bedenken des Kartellamts und der Monopolkommission gegen den Zusammenschluss einfach beiseite gewischt zu haben. Die vorhandenen Alternativen habe er völlig unberücksichtigt gelassen. Gabriel zeigte sich allerdings wenig beeindruckt von drohenden Klagen. Der Minister sagte, er gehe davon aus, „dass wir sie gewinnen“. Die Rewe-Argumente seien abgewogen worden, hätten ihn am Ende aber nicht überzeugt.

Kritik kam vom Deutschen Bauernverband. Die Entscheidung gehe „eindeutig zu Lasten der Wettbewerbssituation der Landwirtschaft, der Verarbeiter und Vermarkter“. Der Vorsitzende der Monopolkommission, Daniel Zimmer, ist aus Protest gegen die Ministererlaubnis zurückgetreten. Er sehe seine Tätigkeit als nicht sinnvoll an, wenn eine einstimmig erteilte Empfehlung der Kommission in einem eindeutigen Fall nicht angenommen werde. Meinung