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Volksbank Banker mit Weitsicht

Die Volksbank Magdeburg wird 100 Jahre alt.

29.05.2016, 23:01

Magdeburg l Das Gebäude mit Gründerzeit-Charme am Breiten Weg verkörpert Magdeburger Bankengeschichte: Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte das Haus dem Bankier Neubauer aus Hamburg. Das Geldinstitut florierte. Weil die Mitarbeiterzahl stetig wuchs, ließ der Geschäftsmann sogar einen Anbau errichten. Heute ist der repräsentative Bau der Hauptsitz der Volksbank Magdeburg. Rund 32.000 Kunden hat das Institut, dessen Geschäftsgebiet sich bis nach Schönebeck und Wolmirstedt ausdehnt. Etwa 11.500 Mitglieder haben Anteile an der Genossen-schaftsbank. Ihre Einlagen bilden die Grundlage für das Kreditgeschäft.

Der Vorstands-Vorsitzende Helmut Seibert sitzt in seinem Büro. Er blättert durch das Büchlein, das die Volksbank zum Jubiläum auch an die Gäste der Festveranstaltung am Montagabend im Magdeburger Maritim-Hotel verteilen wird. Seibert leitet seit 1993 gemeinsam mit dem Vorstands-Mitglied Uwe Fabig die Bank. Aus dem niedersächsischen Bremervörde verschlug es den Finanzfachmann in die Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts. Seibert sollte sanieren. Denn die Bank war nach der deutschen Wiedervereinigung in Not. Viele der ausgegebenen Kredite konnten von Betrieben und Privatkunden nicht mehr bedient werden. Zudem überstiegen die gewährten Darlehen die Summe der bankeigenen Einlagen. Der heute 62-Jährige baute auf die Kraft des Verbundes der deutschen Genossenschaftsbanken und trennte faule Kredite vom guten Geschäft, um das Magdeburger Geldhaus vor der Pleite zu bewahren. „Die Bank musste sich nach der Wende neu orientieren“, sagt Seibert rückblickend.

Seit 100 Jahren wird das Kreditgeschäft in Magdeburg von äußeren Einflüssen geprägt. 1916, inmitten des Ersten Weltkriegs, gründeten Kaufleute die „Genossenschaftsbank Magdeburger Hausbesitzer zur Beschaffung und Sicherung von Hypotheken“. Nachdem die Stadt durch die Industrialisierung stark gewachsen war, wurde der Wohnraum knapp. Um den Bau neuer Gebäude zu finanzieren, legten die Magdeburger zusammen. Die erste Genossenschaft der Stadt entstand. „In den Wirren eines Krieges eine Bank zu gründen, zeugt von viel Weitsicht und Unternehmertum“, sagt Seibert heute.

Der Vorstandsvorsitzende muss wie seine Vorgänger Entscheidungen mit Weitsicht treffen. Denn die Banken schreiten in ein neues digitales Zeitalter. „Mehr als 70 Prozent unserer Kunden suchen inzwischen den Zugang zu uns über die Technik“, erklärt Seibert. Bereits vor drei Jahren begann das Geldhaus, die eigene Strategie diesem Trend anzupassen.

Mehr als 2,5 Millionen Euro investierte die Volksbank in neue Technik, Geldautomaten und Überweisungsterminals. Inzwischen sind sechs der neun Bank-Standorte reine SB-Stellen, die ohne Personal auskommen. Bei den Kunden herrschte deswegen Unruhe, ebenso bei den Beschäftigten: 16 der 160 Mitarbeiter mussten gehen. „Das ist sozialverträglich und über Altersteilzeit-Regelungen passiert“, versichert Seibert. Gleichzeitig habe die Bank in die Qualität der Beratungen investiert, die nun in der Hauptgeschäftsstelle im Breiten Weg und in den beiden Zweigstellen in Schönebeck und Wolmirstedt angeboten werden.

Die Volksbank Magdeburg gehört zu den Genossenschaftsbanken. Zu der Gruppe zählen neben den 1021 Volks- und Raiffeisenbanken, die Zentralbanken DZ und WGZ sowie Spezialinstitute wie etwa die Bausparkasse Schwäbisch Hall (Bausparen), die R+V Versicherung und der Fondsanbieter Union Investment. Der Zusammenschluss genießt Vertrauen. Trotz Finanzkrise und niedrigen Zinsen wächst die Summe der Einlagen bei der Magdeburger Volksbank seit Jahren an.

2015 hatten Kunden fast 400 Millionen Euro auf den Konten der Bank geparkt. Im Kundenkreditgeschäft wuchs das Institut sogar stärker als der Durchschnitt der Branche. Fast 1,5 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftete die Volksbank im zurückliegenden Geschäftsjahr. „Seit 1999 erzielen wir gute wirtschaftliche Ergebnisse, weil wir uns auf die Mitglieder und Kunden in der Region fokussiert haben“, sagt Helmut Seibert. Minuszinsen auf Einlagen der Sparer schloss er aus.

Der Umbruch der jüngsten Vergangenheit fußt auf ein Konzept, das Seibert zusammen mit seinen Kollegen vor vier Jahren „Chance 2016“ getauft hatte. „Wir wollten sicherstellen, dass wir zukunftsfähig sein werden“, sagt er und hofft nun, Entscheidungen mit Weitsicht getroffen zu haben. So wie einst die mutigen Männer, die vor 100 Jahren das Geldhaus gründeten, das später zur Volksbank wurde.