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FördermittelSPD verärgert die Gewerkschaften

Ursprünglich wollte die SPD Firmen belohnen, die nach Tarif zahlen. Davon ist die SPD abgerückt - zum Ärger der Gewerkschaften.

05.10.2016, 23:01

Magdeburg l Wenn ein Unternehmen mehr als 70 000 Euro beispielsweise in eine Erweiterung investiert, dann kann es beim Land eine sogenannte Investitionsförderung beantragen. Kleine Unternehmen erhielten bislang 25 Prozent ihrer Kosten erstattet. Wenn sie nach Tarif zahlten, erhielten sie noch einen Bonus, ihnen wurden dann bis zu 35 Prozent finanziert.

Im Koalitionsvertrag hat die SPD festschreiben lassen, dass sowohl bei der Wirtschaftsförderung als auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge künftig jene Firmen stärker zum Zug kommen sollen, die sich zu „guter Arbeit“, also Tarifverträgen und Betriebsräten, bekennen. Doch Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD) hat inzwischen einen Vorschlag zur Reform der Investitionsförderung vorgelegt, der deutlich von diesem Anreizsystem abrückt.

Aus dem Entwurf, der inzwischen der Volksstimme vorliegt, geht hervor, dass künftig alle Firmen höhere Fördersummen erhalten sollen. Das Mindestinvestitionsvolumen wird von 70 000 auf 50 000 Euro abgesenkt. Der Basisfördersatz für kleine Unternehmen mit maximal 50 Beschäftigten steigt von 25 auf 30 Prozent, der Satz für mittlere Firmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern steigt von 15 auf 20 Prozent. Der künftige Bonus, den Firmen für gute Bezahlung und Arbeitsbedingungen zusätzlich erhalten könnten, soll hingegen von zehn auf fünf Prozentpunkte absinken.

Die Gewerkschaften sind darüber verärgert. „Die vorliegenden Eckpunkte des Wirtschaftsministeriums enttäuschen auf ganzer Linie“, erklärt IG-Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine. „Die Landesregierung muss jetzt das Ruder herumreißen und Kriterien ‚guter Arbeit‘ stärker berücksichtigen, genau wie im Koalitionsvertrag festgelegt. Dies gilt insbesondere für die Tarifbindung.“

Deutliche Worte kommen auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund. „Die Landesregierung hat bei ihren Vorschlägen die für Sachsen-Anhalt wichtigsten Förderziele vergessen“, spottet DGB-Landeschefin Susanne Wiedemeyer. Die Wirtschaftsförderung müsse auf „gute Arbeit“ abzielen. „Anders bekommen wir die noch immer besorgniserregenden Zahlen über zu geringes Einkommensniveau und Fachkräfteabwanderung nicht in den Griff“, sagt Wiedemeyer gegenüber der Volksstimme.

Das Wirtschaftsministerium rudert inzwischen zurück. „Wir stehen erst am Anfang einer Diskussion zu dieser Reform“, sagt Staatssekretär Thomas Wünsch (SPD). Er rechtfertigt die geplante Erhöhung der Basisförderung damit, dass es zuletzt für Unternehmen kaum noch attraktiv gewesen sei, überhaupt Mittel zu beantragen. Um Wirtschaftswachstum zu generieren, seien jedoch Investitionen wichtig. „Wir werden aber auch die Sorgen und Hinweise der Gewerkschaften sehr ernst nehmen“, so Wünsch weiter.

Die Arbeitgeberverbände in Sachsen-Anhalt halten die Kritik der Gewerkschaften für unbegründet. Ein Sprecher begrüßte die geplante Reform der Investitionsförderung und erklärte, dass angesichts des wachsenden Fachkräftemangels in Sachsen-Anhalt Unternehmen ohnehin ihren Beschäftigten vernünftige Konditionen bieten müssten. Die Wirtschaftsförderung sollte zudem nicht mit der Tarifpolitik verknüpft sein.