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Alkohol Whisky zu Hause in der Altmark

Nicht immer muss es Schottland oder USA sein. Matthias Schulz brennt im altmärkischen Diesdorf einen edlen Tropfen und das mit Auszeichnung.

Von Alexander Rekow 19.05.2018, 01:01

Diesdorf l Äpfel, Pflaumen oder auch Kirschen – überschüssiges Streuobst wird von den Altmärkern schon seit Jahrzehnten nach Diesdorf gebracht. Die dort ansässige Diesdorfer Süßmost- und Weinkelterei veredelt seit 1935 in vierter Generation die Früchte zu Säften oder Wein. Mit einem eigenen Whisky und 25 Obstbränden hat das Familienunternehmen ein neues Kapitel geöffnet.

Rund 30 Kilometer von der Hansesstadt Salzwedel entfernt liegt das etwa 2300-Seelen-Dorf im Altmarkkreis – weitläufig von Feldern und Wäldern umrahmt. Landwirtschaftliche Fahrzeuge prägen das altmärkische Idyll – irgendwo im Nirgendwo. Und doch produziert der Flecken im Norden Sachsen-Anhalts prämierte Spirituosen.

„Mein Vater hatte 2006 die Idee, eine Obstbrennerei zu betreiben“, erinnert sich Matthias Schulz (33), Junior-Chef und Diplom-Ingenieur für Lebensmitteltechnologie. „Mein Ur-Großvater Paul Schulz hatte zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs in einer ‚Self-Made-Brennerei‘ Obstbrände für Freunde und Eigenbedarf gebrannt, aber nur wenn es draußen dunkel war.“ Denn legal war das nicht, schon gar nicht in einem alten Waschkessel. „Wir brennen aber heute im Hellen“, grinst Matthias Schulz. Und auch nicht mehr in einem Waschkessel, sondern seit 2008 mit einer elektronisch überwachten Destille im dafür errichtetem Showroom. Zu präsentieren gibt es nämlich allerhand. Denn das kleine Familienunternehmen produziert im Jahr etwa 1.000.000 Liter Säfte, 500.000 Liter Wein, 1000 Liter Obstbrände und seit nicht so langer Zeit auch 200 Liter eines eigenen Single Malt Whiskys – dem „Oldmark“.

Auf dem Firmengelände in Diesdorf stapeln sich unzählige grüne Kisten mit Säften und Wein. Ein Traktor samt Anhänger steht zum Beladen bereit, während ein kleiner Gabelstapler mit Paletten über den Hof düst. Kunden besuchen derweil den kleinen urigen Hofladen, suchen regionale Produkte. Auf einem kleinen Tablett direkt am Eingang stehen einige prämierte Obstbrände und ein Whisky – der „Oldmark“. „Wir haben uns 2011 gefragt, was wir noch machen können“, sagt der 33-Jährige und wiegt liebevoll eine Flasche der braun-rötlichen Spirituose in der Hand. Die Wahl fiel auf diesen Whisky – ein Projekt des Junior-Chefs.

Die Voraussetzungen schienen gut. „Es gab seinerzeit schon einen Trend zu Deutschen Whiskys“, erinnert sich Matthias Schulz. Hilfreiche Tipps bekam der Lebensmitteltechnologe an der Technischen Universität in Berlin, an welcher auch er studierte. „Dort habe ich Malz von den Brauern bekommen“, sagt der Lebensmitteltechnologe. Passende Fässer aus französischer Limousin-Eiche waren gefunden. „Die ausgebrannten Fässer verleihen dem Whisky die Farbe“, erklärt Matthias Schulz. „Viele kaufen eben nach Farbe.“ Und Getreide? Das gibt es in der Altmark zur Genüge. Und so machte sich Matthias Schulz ans Werk, kostete, lagerte um, probierte. „Anfangs ist der Whisky noch glasklar und bekommt schließlich im Fass nach zwei bis drei Jahren des Reifens seine Farbe“, weiß der junge Brennmeister. 2014 war es dann schließlich so weit, der erste handgemachte Whisky der Altmark, der „Oldmark“, war geboren. Ein Single Malt aus deutscher und selbst geschroteter Gerste mit altmärkischem Brauwasser.

„Der Name ‚Oldmark‘ verbindet die Herkunft mit der plattdeutschen Sprache“, erklärt Matthias Schulz, der jede Flasche handsigniert und sie damit zum Unikat macht. Das Etikett ziert eine Altmark-typische Bockwindmühle. „Sie symbolisiert den ersten Schritt der Whiskyherstellung“, sagt der Brennmeister. Matthias Schulz geht in seinen liebevoll dekorierten Brennraum, möchte die aktuelle Charge begutachten – ein Peated Malt (Deutsch: getorftes Malz) mit dem Namen „Pipers Edition“. Pipers, zu Deutsch Pfeifen, lehnt sich an die schottischen Dudelsackspieler an. Denn Dudelsack spielt der junge Brennmeister seit er 13 ist. Aktuell in der Band „Berlin Thristle Pipers and Drums“. Mit der „Pipers Edition“ habe er 2016 angefangen, erklärt der Junior-Chef.

Es ist feucht und warm, die Brillengläser im Brennraum beschlagen anfangs. Mit einem Röhrchen holt er ein Glas des edlen Tropfens aus einem 30-Liter-Fass. „Der ist was für Liebhaber“, ist sich Matthias Schulz sicher. Zwei Jahre lagert der „Pipers Edition" bereits in Fässern. Es wird eine limitierte Edition. Einer augenscheinlichen Überprüfung folgt der Geruchstest. Dann setzt der Brennmeister an, probiert seinen Whisky. „Der ist noch ziemlich stark und muss noch etwas reifen“, ist das knappe Fazit.

Beim siebten Hof- und Brennfest in Diesdorf am 10. Juni 2018 können sich Besucher selbst ein Bild von der altmärkischen Whiskyproduktion machen. Denn an dem Tag wird er schaubrennen, seine prämierten Obstbrände und den ausgezeichneten „Oldmark" päsentieren.

In den Jahren zuvor haben bereits seine Brände auf der Destillata, eine Fachmesse für Spirituosen in Österreich, Preise abgeräumt. 2018 gab es schließlich auch Gold für seinen „Oldmark“. „Darauf sind wir sehr stolz“, so der junge Brennmeister.