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Arbeitsmarkt Mit Assistent zurück in den Job

Langzeitarbeitslose in Sachsen-Anhalt haben es weiterhin schwer. Die Bundesagentur für Arbeit wirbt nun für neue Assistenz-Programme.

17.01.2017, 23:01

Halle l Noch nie war es in Sachsen-Anhalt so leicht, einen Job zu finden – dieser Eindruck drängt sich beim Blick in die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf. Zwischen 2012 und 2016 ist die Zahl der gemeldeten freien Stellen von 10 093 auf 15 900 gestiegen, das ist ein deutliches Plus von 58 Prozent. Experten gehen davon aus, dass es in Wahrheit sogar dreimal so viele Jobs zu besetzen gibt, weil Firmen nicht jede freie Stelle der BA melden. Und dennoch geht vor allem die Zahl der Langzeitarbeitslosen nur sehr langsam zurück, 2016 waren im Schnitt 43 066 Menschen länger als ein Jahr ohne Beschäftigung.

Kay Senius, Chef der Arbeitsagenturen in Sachsen-Anhalt, sieht mehrere Ursachen für die anhaltend trüben Perspektiven der Langzeitarbeitslosen. Den einen fehle die nötige Qualifikation, andere würden mit gesundheitlichen Problemen kämpfen oder seien für mögliche Arbeitgeber schlicht zu alt.

Es gebe aber auch eine weitere entscheidende Ursache. „Die Betriebe in Sachsen-Anhalt haben oft nur zwischen drei und fünf Mitarbeiter – sie sehen sich schon rein aus personellen Gründen nicht in der Lage, Langzeitarbeitslosen eine Chance zu geben und sie einzuarbeiten“, erklärt Senius. Seiner Ansicht nach wäre es daher hilfreich, den Arbeitslosen einen Assistenten zur Seite zu stellen, der sie bei der Integration in den Betrieb und Arbeitsalltag unterstützt. „Das wäre eine Entlastung für die Belegschaft der Firma, die sich ja vorweigend um das Tagesgeschäft kümmern muss.“

Ein vergleichbares Förderprogramm gibt es bereits für leistungsschwache Auszubildende. Im Rahmen der „assistierten Ausbildung“ stellt das Land Sachsen-Anhalt Lehrlingen einen Berater zur Seite, der einschreitet, wenn es im Betrieb Probleme gibt. Erste Gespräche für eine Ausweitung des Assistenzprogramms auf Langzeitarbeitslose hat Senius bereits mit Arbeitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) geführt. „Finanziert werden könnten die Assistenten über Fördergelder aus dem Europäischen Sozialfonds“, betont Senius.

Mehr Engagement erhofft er sich zudem von öffentlichen Unternehmen. „In vielen Kommunen sind Stadtwerke und Versorgungsbetriebe die größten Arbeitgeber – gerade sie sollten mit gutem Beispiel vorangehen und Langzeitarbeitslosen eine Chance geben.“

Noch immer seien auch Vorurteile weit verbreitet. „Unsere Erfahrungen und Statistiken zeigen aber, dass der Großteil der Arbeitssuchenden wieder arbeiten möchte“, betont Senius, das belege etwa die niedrige Sanktionsquote von 4,3 Prozent. „Oft ist es auch so, dass sich Firmenchefs anfangs bei der Einstellung schwertun, dann aber nach kurzer Zeit nicht mehr unterscheiden, welcher ihrer Mitarbeiter nun vorher lange arbeitslos war.“

Für jene, die so gut wie keine Perspektive mehr auf einen regulären Job haben, sollten weitere Stellen im Bereich der Bürgerarbeit geschaffen werden, fordert Senius. „Derzeit gibt es bis zu 2800 Plätze in diesem Bereich – angesichts von mehr als 40000 Langzeitarbeitslosen finde ich, sollten deutlich mehr geschaffen werden.“ Zudem würden davon nicht allein nur die Arbeitslosen profitieren. „Seit Jahren ist zu beobachten, dass die Vereinsarbeit zurückgeht, viele Leistungen für Bürger nicht mehr angeboten werden.“ Für die Langzeitarbeitslosen gebe es insofern genug zu tun.

2017 wird die Zahl der Arbeitslosen voraussichtlich weiterhin leicht absinken. Besonders gewachsen ist der Arbeitskräftebedarf in der Altenpflege, hier dauerte es zuletzt im Schnitt 189 Tage, bis eine freie Stelle wieder besetzt werden konnte. Großen Bedarf haben zudem der Metallbau und die Elektrotechnik. Auch Langzeitarbeitslose sollten daher die Hoffnung nicht aufgeben.