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Arbeitsmarkt Stellen bleiben zu lange frei

Experten kündigen an, dass es in Sachsen-Anhalt immer schwieriger wird, Angebot und passende Bewerber zu finden.

17.01.2017, 12:46

Halle (dpa) l Mehr Stellen, weniger Arbeitslose und trotzdem keinen passenden Job: In Sachsen-Anhalt wird es nach Ansicht von Experten immer schwieriger, freie Stellen mit Arbeitslosen zu besetzen. Das betrifft vor allem Menschen, die ein Jahr und länger ohne Beschäftigung sind – und damit einen Großteil der Erwerbslosen. "Das Profil der Arbeitslosen und das Profil der zu besetzenden Stellen passen häufig nicht zusammen", sagte der Chef der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit, Kay Senius, am Dienstag in Halle.

In Sachsen-Anhalt sind derzeit etwa 103.000 Menschen arbeitslos, 40 Prozent von ihnen – 42.000 Männer und Frauen – länger als ein Jahr. Die Arbeitslosenquote lag im Dezember 2016 bei 9 Prozent. Insgesamt sei die Arbeitslosigkeit 2016 gesunken, sagte Senius. Arbeitgeber meldeten 2016 gut 16.000 freie Stellen, rund 2000 mehr als im Vorjahr (13.900). Gefragt waren vor allem Fachkräfte und Spezialisten (knapp 14.000 Stellenangebote) und nur 2300 Arbeitskräfte für Helfertätigkeiten. Aber: Rund 50.000 – das ist die Hälfte aller Arbeitslosen – sind laut Senius Helfer.

Arbeitgeber suchten aber vor allem Beschäftigte mit ganz speziellen Fähigkeiten. "Ein Schweißer braucht heute weitaus mehr Kenntnisse in seinem Beruf als noch vor Jahren. In einem Verwaltungsberuf sind fließende Fremdsprachenkenntnisse heute Standard", erklärte er zum Anforderungsprofil. So dauerte es den Angaben zufolge 2016 durchschnittlich 122 Kalendertage, um in Sachsen-Anhalt über die Arbeitsvermittlung eine Stelle mit einem Arbeitslosen zu besetzen. Das waren 18 Kalendertage mehr als im Vorjahr.

Besonders lange vakant seien Jobs in der Altenpflege – mit 189 Kalendertagen waren es 73 Kalendertage mehr als 2015. "Fast ein Dreivierteljahr brauchen wir, um so eine Stelle zu besetzen. Das zeigt die Dramatik", sagte Senius. Andererseits wurden Arbeitslose mit Berufen wie Softwareentwickler und Programmierer, aus den Bereichen Heizungs- und Sanitär, Metallbau und Elektrotechnik schneller vermittelt als im Vorjahr.

Senius räumte ein, dass Arbeitgeber angesichts einer vergeblichen Suche nach einem passenden Bewerber keine weiteren freien Stellen den Arbeitsagenturen mehr meldeten. Er sprach sich erneut für mehr Unterstützung für Arbeitgeber aus, in Form von Integrationscoaches, die Arbeitslose im Unternehmen begleiten. So hätten Arbeitgeber von kleinen Firmen, die es überwiegend im Land gebe, oft zu wenig die Möglichkeit, sich intensiv um die Einarbeitung von Arbeitslosen zu kümmern.

"Trotz hoher Förderung können wir aber auch nicht jedes Integrationshemmnis ausgleichen", sagte er. Hintergrund ist, dass Langzeitarbeitslose oft älter, gesundheitlich und mobil eingeschränkt sind. "Es geht im Kern um eine politische Frage", sagte Senius. Er erneuerte seine Forderung nach einem sozialen Arbeitsmarkt, analog zu den Erfahrungen der Bürgerarbeit, wo Langzeitarbeitslose im gemeinnützigen Bereich mit staatlicher Unterstützung eine Beschäftigung hatten, etwa mit einer Tätigkeit in Vereinen.